„Begrenzung des Wachstums der Art Mensch“

NeFo-Interview zur Roten Liste bedrohter Arten

Die Weltnaturschutzunion IUCN hat am 04.09.2016 beim Weltgipfel auf Hawaii ihre aktualisierte so genannte Rote Liste bedrohter Arten veröffentlicht. Als wichtigsten Punkt nennt sie die neue Einstufung mehrerer Menschenaffenarten in die höchste Bedrohungskategorie „Critically threatened“. In tropischen Regionen sei ein Rückgang der Fischbestände zu erwarten. Bleibe der Ausstoß von Treibhausgasen unverändert, dürften die Fangerträge in Südostasien bis 2050 um 10 bis 30 Prozent unter dem Mittel von 1970 bis 2000 liegen. Den großen Pandas geht es allerdings besser.

IUCN-Report über Meereserwärmung - TitelDie stetige Erwärmung der Ozeane verursacht zurückgehende Fischbestände und Ernteerträge, dafür zunehmende Wetterextreme und Ausbreitung teils neuartiger, regional bisher unbekannter Krankheiten.  Zu diesem Schluss kommen 80 Forscher aus zwölf Ländern in einem Bericht, der ebenfalls am 04.09.2016 auf Hawaii vorgestellt wurde. Schon heute seien Auswirkungen der höheren Wassertemperaturen auf Meereslebewesen und Menschen messbar. Demnach hätten sich die Lebensräume in den Ozeanen schon stark verändert: Plankton und Quallen, Schildkröten oder Seevögel seien bis zu zehn Breitengrade in Richtung der kühleren Pole gewandert und Brutgebiete verloren gegangen.

Großer Panda - nur noch 'vulnerable' - Foto © IUCNDie Weltnaturschutzunion IUCN stellte fest, dass der große Panda nicht länger vom Aussterben bedroht ist. Er wird allerdings immer noch als gefährdet eingestuft. Nach aktuellen Schätzungen gibt es derzeit 1.864 erwachsene Bären auf der Welt, mit Nachwuchs sind es sogar 2.060 Tiere. Die IUCN führt die Erholung des Bestands auf die Bemühungen der chinesischen Regierung zurück. Es würden immer mehr Bambuswälder – der natürliche Lebensraum der Pandas – aufgeforstet. Außerdem verleihe China zur Fortpflanzung immer mehr Pandas an Zoos rund um den Globus. Gleichzeitig erklärte die IUCN, dass es nur noch 5.000 Berggorillas weltweit gibt und sie somit auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten gesetzt. Wilderei und Kriege in Zentralafrika machen den Riesenaffen zu schaffen. (Nach heute.at/Panda-nicht-mehr-vom-Aussterben-bedroht).

Erreger breiten sich schneller aus

„Unglaubliche 93 Prozent“ des durch Menschen bedingten Temperaturanstiegs seit den 70er Jahren seien von den Weltmeeren aufgefangen worden, die wie Puffer gegen den Klimawandel agierten. „Aber das hat seinen Preis“, sagte Dan Laffoley, beim IUCN für Meeresschutzgebiete zuständig und Hauptautor des Reports.

Zudem erkrankten in wärmerem Wasser offenbar mehr Pflanzen und Tiere. Auch für Menschen gefährliche Erreger könnten sich schneller ausbreiten. Wärmere Meere lösten zudem mehr tropische Wirbelstürme und Regen in mittleren Breiten und Monsun-Regionen aus. In subtropischen Regionen werde es dagegen jedoch weniger regnen, schreiben die Autoren. Beides habe Folgen für den Getreideanbau, etwa in den USA oder Indien. „Der einzige Weg, die reiche Vielfalt des Meereslebens zu erhalten sowie die Ressourcen der Ozeane zu sichern ist, den Treibhausgas-Ausstoß schnell und deutlich zu verringern“, betonte IUCN-Generaldirektorin Inger Andersen.

Die Liste enthält derzeit 82.954 Arten, 23 928 davon sind bedroht, allein gut 10.000 davon Vögel. Sie gilt als wichtiger Indikator für die Erfassung des globalen Verlustes der biologischen Vielfalt. Die Verteilung der in der Liste erfassten Arten ist nicht repräsentativ.  Denn die Insekten, weltweit die artenreichste Gruppe (1 Million von rund 1,8 Millionen derzeit bekannter Arten), sind nur mit rund 6.000 Arten vertreten. Der Grund ist ein Datendefizit, denn für die Untersuchung solcher „Lost Species“ gäbe es schlicht keine Finanzierung, meint Dr. Viola Clausnitzer, Libellenspezialistin am Senckenberginstitut in Görlitz.

Als Vorsitzende der Dragonfly Specialist Group koordiniert sie die globalen Bewertungen der Artengruppe der Libellen. Im NeFo-Interview erläutert sie, welche neuen Informationen die aktuelle Rote Liste liefert, wie es um die Gruppe der Libellen steht und welche Maßnahmen nötig sind, um den rasanten Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten.

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