TISA: unbeobachtet – aber schlimmer als CETA und TTIP

Riexinger: „Bei Tisa geht es noch um viel mehr als bei CETA und TTIP“

stop CETA, TTIP, TISATisa –  Trade in Services Agreement – ist ein fast fertig verhandeltes Handelsabkommen, das aber neben TTIP und CETA bisher sogar von Freihandelskritikern praktisch unbeachtet blieb. Michael Bauchmüller und Alexander Mühlauer schrieben am 16.09.2016  in der Süddeutschen Zeitung, „dass vertrauliche Vertragsdokumente belegen: Die Gespräche sind schon ziemlich weit“.

Gegen CETA und TTIP haben Kritiker am Samstag in sieben deutschen Großstädten demonstrierten – sie sind überzeugt, dass  die beiden Verträge die Demokratie aushebeln; sie sehen Europas Standards in Gefahr, etwa beim Verbraucherschutz oder bei Lebensmitteln. „Stoppt TTIP, stoppt CETA“ lautete denn auch die Parole, die am Wochenende zu hören sein waren. Schon einmal hatten die gleichen Gegner einen ähnlichen  Vertrag zu Fall gebracht: das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA.

Die SZ weiter: „Doch da ist noch ein anderes Handelsabkommen mit vier Buchstaben, das selbst von Freihandelskritikern so gut wie unbeachtet bleibt: Tisa – das Trade in Services Agreement. Im Windschatten von TTIP und Ceta wurde es in den vergangenen Monaten verhandelt. Jetzt belegen vertrauliche Vertragsdokumente: Die Gespräche sind schon ziemlich weit“. Wikileaks veröffentlicht die Dokumente am 15.09.2016. Der Entwurf, den einige deutsche und internationale Medien vorab zugespielt bekommen hatten, stammt aus dem April. Die Gespräche kreisen „offenbar nur noch um Details“. Bisher war hinter verschlossenen Türen verhandelt worden, und eigentlich sollten die Dokumente und Zwischenergebnisse auch geheim bleiben – sogar auf Jahre hinaus, selbst wenn das Abkommen schon in Kraft getreten ist.

Des Pudels Kern: „Jeder Staat soll Dienstleistungen und deren Anbieter nicht schlechter behandeln, als er seine eigenen Dienstleistungen und deren Anbieter behandelt“ ist der Schlüsselsatz von TISA. Dahinter stehen 23 WTO-Mitglieder, sie nennen sich die „wirklich guten Freunde des Handels mit Dienstleistungen“ – Hauptinitiatoren sind neben der EU die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und Australien, sowie Südkorea, die Türkei, die Schweiz und einige Länder Lateinamerikas und Asiens.

Ein Stein des Anstoßes ist  – so die Frankfurter Allgemeine – der „Anhang zum TISA-Entwurf, der das Thema Finanzdienstleistungen behandelt. Das Brisante an dem Papier: Geplant ist laut Wikileaks eine Deregulierung des globalen Marktes für Finanzdienstleistungen zum Vorteil internationaler Finanzkonzerne.“

Correctiv: „Die EU-Kommission feiere CETA als ein modernes Handelsabkommen, besser als jedes andere. Die Märkte sollen auf beiden Seiten in ähnlichem Maß geöffnet werden, es sei ein Vertrag auf Augenhöhe. Besonders stolz sei man in Brüssel auf die (von Berlin durchgesetzte) Neuregelung der Schiedsgerichte: Ändere künftig eine Regierung Öko-Standards, könne sie nicht (wie bei TTIP) ohne weiteres von einem Konzern vor ein geheimes Schiedsgericht zitiert werden.  Klauseln im CETA-Vertrag sollen Verbraucher und Umwelt schützen, die privaten Schiedsgerichte sollen zu einem Investitionsgericht umgebaut werden. Für die Kritiker ist das reine Kosmetik – CETA ist für sie das Symbol einer schlechten Globalisierung, deren Regeln zum Schaden für Demokratie und Bürger von Konzernen geschrieben werden.“

Die beiden Hauptstreitpunkte zwischen USA & EU sind noch: die Meistbegünstigungsbehandlung und  wieweit nationale Spielräume beschränkt werden sollen – etwa wieweit z.B. „Local-Content-Vorgaben“ untersagt werden sollen, die einen bestimmten Anteil an inländischen Dienstleistungen vorschreiben — wie z.B. die USA, die ihren Jones Act aus den 1920er-Jahren verteidigen, der den Seehandel zwischen US-Häfen nur US-Schiffen erlaubt (nach Wikipedia).

Bankdaten?

Offenbar wollen die USA mit TISA zudem erreichen, dass Banken und Versicherungen grenzüberschreitend Kundendaten austauschen können – nach den Erfahrungen mit der NSA keine so gute Idee. Daten deutscher Kunden könnten dann zur Verarbeitung nach Amerika geschickt werden. Die EU will aber Datenschutz-Rechte auch bei der reinen Verarbeitung der Kontodaten festzuschreiben.

„Bei Tisa geht es noch um viel mehr als bei Ceta und TTIP“, zitiert die SZ den Linken-Chef Bernd Riexinger. „Tisa soll für Konzerne zu Gold machen, was der Allgemeinheit gehört.“ Sie machten Profit aus Bedürfnissen von Menschen. Sein Plädoyer: „Die Verhandlungen müssen sofort eingestellt und alle Dokumente veröffentlicht werden.“ Das Abkommen, findet auch die grüne Handelspolitikerin Ska Keller, „bedroht die regionale Wirtschaft“.

Laut Bauchmüller und Mühlauer „sehen einzelne Abschnitte des Vertragswerks fertig aus. Etwa die 37 Paragrafen, die sich mit der Streitbeilegung befassen – wenn ein Staat meint, ein anderer halte sich nicht an die TISA-Regeln. Auch die Mechanismen, wie das Abkommen in Gang gesetzt wird, wie neue Staaten dazukommen oder aussteigen können, sind fast fertig. Nur: Die Öffentlichkeit nahm kaum Notiz. Womit noch nicht sicher ist, dass Tisa nicht auch noch die Massen auf die Straße lockt.“

Ceta ist eine Gefahr für die Demokratie
Das geplante Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada schafft eine Paralleljustiz und beherrscht alles – ohne demokratische Kontrolle. SZ-Gastbeitrag von Peter Gauweiler -> mehr …

->Quellen: