Digitales Zentralbankgeld im Gespräch

Chancen und Risiken von Distributed Ledger Technologie (DLT) u.a.

Bundesregierung und Bundesbank stehen in regelmäßigen Austausch zu aktuellen Entwicklungen des Zahlungsverkehrs und somit auch zu Fragen eines digitalen Zentralbankgeldes – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag am 29.08.2019. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (19/12467) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/11495) weiter hervorgehe, beschäftigten sich nach einer Umfrage der Internationalen Bank für Zahlungsausgleich mehr als 40 Prozent der 63 Zentralbanken mit digitalem Zentralbankgeld. (hib/HLE)

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Drucksache 19/11495

Digitales Zentralbankgeld

V o r b e m e r k u n g   d e r   F r a g e s t e l l e r

Am 14. Juni 2019 veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ einen Namensbeitrag des Generaldirektors der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Augustín Carstens zum Aspekt des Digitalgeldes von Zentralbanken (www.faz.net/aktuell/finanzen/digital-bezahlen/zukunftsvisionen-digitales-geld-und-die-zentralbanken-16235438.html). Carstens wies in diesem Zusammenhang auf einen Bericht hin, der von bei der BIZ ansässigen Zentralbankausschüssen erstellt wurde. Darin würde zwischen zwei unterschiedlichen Arten von digitalem Zentralbankgeld unterschieden. Nach einer Variante soll das Digitalgeld den Finanzinstituten vorbehalten bleiben. Die andere Variante sehe einen Zugang für die Allgemeinheit vor.

  1. Steht die Bundesregierung mit der Deutschen Bundesbank in einem Austausch zum Thema digitales Zentralbankgeld?Die Bundesregierung steht mit der Deutschen Bundesbank in regelmäßigem Austausch zu den aktuellen Entwicklungen des Zahlungsverkehrs und auch zu Fragen des digitalen Zentralbankgeldes.
  2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse bzw. Erkenntnisse über die vom Generaldirektor der BIZ genannten „konkreten Tests“ und konzeptionelle Prüfungen durch einige Zentralbanken?
    a) Wenn ja, welche Tests und Prüfungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durchgeführt?
    b) Wenn nein, aus welchen Gründen nicht?
  3. Hat die Bundesregierung Kenntnisse bzw. Erkenntnisse über die vom Generaldirektor der BIZ im Namensbeitrag genannten „Machbarkeitsstudien“ und „Pilotprojekte“?
    a) Wenn ja, welche Machbarkeitsstudien bzw. welche Pilotprojekte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung mit welchen (Zwischen-)Ergebnissen durchgeführt?
    b) Wenn nein, aus welchen Gründen?

Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Gemäß einer aktuellen Umfrage der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich/ BIZ (vgl. BIS Papers No 101, Proceeding with caution – a survey on central bank digital currency¸ www.bis.org/publ/bppdf/bispap101.pdf) beschäftigt sich eine Vielzahl von Zentralbanken mit digitalem Zentralbankgeld. Über 40 Prozent der 63 Zentralbanken, die an der BIZ-Umfrage teilgenommen haben, gaben an, auch technische Experimente oder konzeptionelle Tests durchzuführen oder durchgeführt zu haben. Die Motivation zur Auseinandersetzung mit digitalem Zentralbankgeld und die Art und Weise solcher konzeptionellen Tests können dabei vielseitig und von Zentralbank zu Zentralbank verschieden sein. Vielfach geht es um die Auseinandersetzung mit neuen Technologien, insbesondere der Distributed Ledger Technologie (DLT), für den Einsatz in Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssystemen.

Chancen und Risiken von DLT speziell für die Wertpapierabwicklung stehen etwa auch bei einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Deutschen Bundesbank mit der Deutsche Börse AG im Vordergrund (vgl. www.bundesbank.de/de/presse/pressenotizen/deutsche-bundesbank-und-deutsche-boerse-schliessen-tests-fuer-blockchain-prototypen-erfolgreich-ab-764696, dort findet sich auch der Abschlussbericht des Projekts „Blockbaster – Final Report“ in englischer Sprache mit weiterführenden Informationen zum Projekt).

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Anfang Juni dieses Jahres die dritte Phase eines gemeinsam mit der Bank of Japan betriebenen Projekts zur Erforschung der Chancen und Risiken von DLT in Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssystemen abgeschlossen (für weiterführende Informationen in englischer Sprache zum Projekt und den bisherigen Ergebnisse vgl. www.ecb.europa.eu/paym/intro/news/html/ecb.mipnews190604.en.html ).

  1. Hat die Bundesregierung darüber Kenntnisse bzw. Erkenntnisse, welche Zentralbanken die Absicht haben, eine digitale Währung auszugeben? Welche Zentralbanken wären dies? Welche Erwartungen verbinden diese Zentralbanken nach Kenntnis bzw. Einschätzung der Bundesregierung hiermit?Die o.g. BIZ-Umfrage unter Zentralbanken (BIS Papers No 101, Proceeding with caution – a survey on central bank digital currency) hat gezeigt, dass sich 70 Prozent der antwortenden Zentralbanken mit dem Thema befassen. Davon haben jedoch nur zwei Zentralbanken konkrete Pläne, digitales Zentralbankgeld auch auszugeben.

Alle anderen Zentralbanken befassen sich theoretisch oder im Rahmen von Pilotversuchen mit dem Thema. Innerhalb der Europäischen Union bestehen derzeit nur in Schweden Überlegungen, digitales Zentralbankgeld auszugeben. Dies wird mit der starken Abnahme bei der Bargeldnutzung und dem möglichen Wunsch der Geldnutzer, Zugang zu digitalem Zentralbankgeld zu haben, begründet. Eine finale Entscheidung über die Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld ist aber auch in Schweden noch nicht getroffen.

Neben Schweden gibt es in Uruguay konkrete Pläne mit dem Hintergrund der finanziellen Einbindung von Bevölkerungsgruppen ohne Zugang zum Finanzsystem. Hier ist jedoch nach einem Pilottest auch noch nicht abschließend entschieden, ob es umgesetzt wird.

Die chinesische Zentralbank hat 2014 ein Forschungsprogram aufgelegt, das die mögliche Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld untersuchen soll. Dabei ist unklar, ob es wirklich zu einer Ausgabe führen oder erst einmal mögliche Vor- und Nachteile ausarbeiten soll.

Venezuela hat nach eigenen Angaben 2018 eine digitale staatliche Währung, den „Petro“ ausgegeben, allerdings sind bis heute keine Transaktionen mit dieser Währung nachvollziehbar (vgl. www.reuters.com/article/us-cryptocurrencyvenezuela-specialrepor/special-report-in-venezuela-new-cryptocurrency-isnowhere- to-be-found-idUSKCN1LF15U).

  1. Wie beurteilt die Bundesregierung, würden die Zentralbanken im Zuge einer Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld im Kreditgeschäft tätig werden?In den bisherigen theoretischen Diskussionen innerhalb des Eurosystems spielte die Möglichkeit der Kreditvergabe von Zentralbanken an Nichtbanken in Verbindung mit der Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld keine Rolle.
  2. Welche Vor- und Nachteile bzw. welche Chancen oder Risiken müssten oder sollten aus Sicht der Bundesregierung bei der Diskussion über digitales Zentralbankgeld Berücksichtigung finden?Bei der Diskussion über digitales Zentralbankgeld sind grundsätzlich eine Vielzahl möglicher Chancen und Risiken zu berücksichtigen. Diese werden u. a. in dem EZB Papier „Occasional Paper Series Crypto-Assets: Implications for financial stability, monetary policy, and payments and market infrastructures“ in Annex 1 (vgl. www.ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops/ecb.op223~3ce14e986c.en.pdf) und im BIZ-Bericht „Central Bank Digital Currencies“ (vgl. www.bis.org/cpmi/publ/d174.pdf) aus dem März 2018 dargestellt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5b der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP „Positionen der Europäischen Zentralbank zu Kryptoassets“ auf Bundestagsdrucksache 19/11372 verwiesen.

->Quellen: