Marianne Grimmenstein klagt gegen Ceta – und viele Tausend

Bundesverfassungsgericht verhandelt Eilanträge

Alle Beschwerdeführer haben zudem Anträge auf einstweilige Anordnungen gestellt, über die das Bundesverfassungsgericht nun zunächst entscheiden will. Folgt es ihnen, darf Deutschland CETA bis zum abschließenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorerst nicht weiter unterstützen.

Das geplante Abkommen zwischen der EU und Kanada verstoße in mehreren Punkten gegen das Grundgesetz. So sollten etwa europäisch-kanadische Ausschüsse so weitreichende Befugnisse erhalten, dass sie den Vertrag unter Umgehung der Parlamente auslegen und verändern können. Die Beschwerdeführer befürchten zudem, dass soziale, ökologische und kulturelle Schutzstandards als Handelshemmnisse eingestuft und deshalb beseitigt werden. Weitere Kritik entzündet sich an den in dem Abkommen geplanten Investitionsgerichten. Diese liefen auf eine unzulässige Paralleljustiz mit Sonderrechten für Investoren hinaus, argumentieren die Kläger.

Fast 70.000 Mitkläger unterstützen die Klage einer Frau aus Lüdenscheid gegen das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada.

Marianne Grimmenstein aus Lüdenscheid, eine 70 Jahre alte Musiklehrerin aus Nordrhein-Westfalen, hat am 27.08.2016 eine der größten Bürgerklagen in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts eingereicht. Die Frau aus Lüdenscheid lieferte in Karlsruhe mehr als 68.000 Vollmachten von Unterstützern ab, die mit ihr das Freihandelsabkommen Ceta zu Fall bringen wollen – insgesamt 150 Pakete à 500 Blatt. Sie will damit das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada vor dem Bundesverfassungsgericht stoppen.  sieht durch das Abkommen ihre Bürger- und Verbraucherrechte bedroht .

Schutzschrift

Gemeinsam mit dem Bielefelder Rechtsprofessor Andreas Fisahn hat sie die größte Verfassungsklage vorbereitet, die es in Deutschland je gab. Weil es noch kein einschlägiges Gesetz gebe, werde die 60-seitige Verfassungsbeschwerde „als Schutzschrift“ eingereicht, sagte Fisahn. Denn: der EU-Rat werde – noch bevor die Parlamente es ratifiziert hätten – bald über die „vorläufige Anwendbarkeit“ von CETA entscheiden.  Für diesen Fall solle das Gericht die Bundesregierung verpflichten, mit Nein zu stimmen. Fisahn erläutete in einem Interview mit der Neuen Westfälischen, dass Investoren gegen Eingriffe in ihr Eigentum klagen könnten, schon dann, wenn die vernünftigen Gewinnerwartungen geschmälert würden. Fisahn: „Das Spektrum ist sehr breit. Philip Morris klagt in Australien gegen die Verpflichtung, Warnhinweise auf Zigarettenschachteln zu schreiben. Es könnte auch gegen Umwelt- oder Arbeitsschutzregeln oder die Mitbestimmung von Betriebsräten geklagt werden; eben alles, was die Gewinnerwartung schmälert.“  Allerdings ist vor kurzem der Tabakkonzern BAT (British American Tobacco) mit einer ähnlichen Klage gegen Uruguay gescheitert (siehe: blog.ethisch-oekologisches-rating.org/schiedsgericht-weist-tabak-klage-gegen-uruguay-ab). Inzwischen sollen die geheimen Schiedsgerichte durch einen öffentlichen Gerichtshof ersetzt werden.

Für den Erfolg einer Klage spielt es keine Rolle, von wie vielen Bürgern sie eingereicht wird. Den Druck auf die Politik können viele Tausende Unterstützer aber erhöhen.

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