Connecting the Dots (Die Punkte verbinden): Konferenz über Digitalisierung, Finanzen & nachhaltige Entwicklung

Rede von EIB-Präsident Werner Hoyer

Keynote Werner Hoyer, EIB vor ‚Connecting the Dots‘-Konferenz – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Um die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) zu erreichen, ist es entscheidend, private Finanzmittel in größerem Umfang und mit größerer Geschwindigkeit zu mobilisieren. Finanzinnovationen, neue Technologien und die Digitalisierung haben das Potenzial, wesentlich zu dieser Aufgabe beizutragen. Vor diesem Hintergrund hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Task Force für die digitale Finanzierung der SDGs eingesetzt, um zu untersuchen, wie dieses Potenzial erschlossen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken bewältigt werden können.
Im Rahmen einer hochrangigen Konferenz stellten die Einladenden – Deutsches Netzwerk Nachhaltige Entwicklung (SDSN Deutschland),  Sustainable Digital Finance Alliance und Frankfurt School of Finance & Management – am 27.01.2020 in Berlin Ergebnisse der Task Force des UN-Generalsekretärs zur digitalen Finanzierung der SDGs und der von der Sustainable Digital Finance Alliance durchgeführten „German Sustainable Fintech Stocktake“ den relevanten Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft in Deutschland und Europa vor. Eine der Eröffnungs-Keynotes hielt EIB-Präsident Werner Hoyer (wir dokumentieren).

Die Herausforderung, den SDGs zu entsprechen

Werner Hoyer, EIB – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Als wir uns 2015 auf die SDGs einigten, wussten wir, dass das Erreichen dieser Ziele sehr ehrgeizig würde. Dennoch herrschte ein breiter Konsens darüber, dass sie für das Erreichen von Wohlstand, Teilhabe und Menschenrechten für alle unerlässlich sind. Seither ist die Erreichung der Ziele trotz der beeindruckenden Bemühungen, auf dem richtigen Weg zu bleiben, nach wie vor entmutigend. Wie auch immer man das Problem betrachtet, es muss noch viel mehr getan werden. Die anfängliche Schätzung von 6 Billionen US-Dollar Investitionen pro Jahr scheint immer noch realistisch zu sein: aber es bleibt ein großer Auftrag. Um ihn zu erfüllen, müssen wir nicht nur alle verfügbaren Finanzierungsquellen erschließen, sondern auch neue, innovative Wege beschreiten. Denn eines ist völlig klar: Es wird nie genug öffentliche Gelder oder traditionelle langfristige Finanzierungsquellen geben, um die Lücke zu füllen. Es wird privates Kapital benötigt, große und kleine Investoren zusammen. Die Banken, insbesondere die öffentlichen Banken, helfen, die knappen öffentlichen Mittel und die Menge an privaten Investoren zu nutzen, um die Investitionen in Gang zu bringen.

Die Rolle der EIB bei der Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung

Die EIB ist als EU-Bank und größter multilateraler Darlehensgeber für nachhaltige Entwicklung ein integraler Bestandteil der Bemühungen der EU, die Umsetzung der Agenda für nachhaltige Entwicklung bis 2030 sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU zu unterstützen. Wir sind in der gesamten EU und in mehr als 140 Nicht-EU-Ländern tätig. Die von uns unterstützten Projekte decken ein breites Spektrum von Bereichen ab (z.B. Energie, Umwelt, Wasser und KMU), die alle zu vielen der SDGs beitragen. Tatsächlich unterstützt unsere gesamte Finanzierung – 62 Milliarden Euro an Darlehen im letzten Jahr – die SDGs. Fünf Jahrzehnte der Unterstützung nachhaltiger EU-Investitionen in der ganzen Welt machen die EIB zu einem Schlüsselinstrument der Außen- und Entwicklungspolitik der EU.

Hinzu kommen die 10 Milliarden Euro, die der Europäische Investitionsfonds, unser Risikokapitalarm für KMU, zur Verfügung stellt. Die EIB ist in allen Regionen außerhalb der EU tätig; im vergangenen Jahr wurden insgesamt 7 Milliarden Euro an neuen Darlehen vergeben. Rund 40% der gesamten Finanzierungen entfielen auf Afrika. Es sei darauf hingewiesen, dass wir auch in den schwierigsten Ländern tätig sind – in fragilen Staaten und in den am wenigsten entwickelten Ländern. Natürlich kann mehr getan werden, und wir begrüßen den Bericht der Weisen (https://ec.europa.eu/germany/news/20190618-nachhaltige-finanzen_de). Wir sind davon überzeugt, dass wir als Förderbank der EU, wie die KfW für Deutschland, gut aufgestellt sind, um zusätzliche Mittel zur Stärkung des EU-Entwicklungsbankings einzusetzen, und wir freuen uns darauf, zu weiteren Beratungen oder etwaigen Machbarkeitsstudien beizutragen.

EIB-Finanzierungen: Qualität und Wirkung

Die SDGs sind vollständig in die Finanzierungsziele der Bank integriert, und wir berichten jährlich über die von uns finanzierten Projekte und ihre Auswirkungen. Wir stellen die Auswirkungen sicher, indem wir uns auf die Projektqualität konzentrieren, die auf einer strengen Due-Diligence-Prüfung beruht. Alle von uns finanzierten Projekte müssen die Prüfung der finanziellen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bestehen. Zur wirtschaftlichen Nachhaltigkeit gehört die strikte Einhaltung unserer Umwelt-, Sozial- und Governance-Standards. Insbesondere die Gleichstellung der Geschlechter ist einer der Grundwerte der EU und ein wichtiges Ziel, das bei allen unseren Operationen strengstens eingehalten wird. Gleichzeitig verstärken wir auch die positiven Auswirkungen unserer Aktivitäten auf die Gleichstellung der Geschlechter, indem wir unsere Investitionen erhöhen. In die Stärkung der Rolle der Frau und mehr Investitionen in Unternehmerinnen, zum Beispiel.

EU-Klimabank, ELP, Green Deal & Just Transition (Gerechter Übergang)

Werner Hoyer, EIB – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Und schließlich, da die Realität des Klimawandels die Welt schneller als erwartet einholt, haben die Dinge begonnen, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Lassen Sie mich zunächst einmal eines klarstellen: Investitionen in das Klima und ein gerechter Übergang sind zwei Seiten derselben Medaille. Vor diesem Hintergrund und angesichts der zunehmenden Dringlichkeit hat der Verwaltungsrat der EIB im vergangenen November die Rolle der EIB als EU-Klimabank bestätigt und Maßnahmen zur Verstärkung der Bemühungen der Bank um die Unterstützung des Kampfes gegen den Klimawandel und die Umweltzerstörung genehmigt.

Unsere neuen Verpflichtungen sind klar:

  • Wir wollen den Anteil der Finanzierungen der EIB in den Bereichen Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit bis 2025 schrittweise auf 50% unserer Geschäftstätigkeit erhöhen.
  • Durch die Zusammenarbeit mit unseren Partnern wollen wir bis 2030 weltweit nicht weniger als eine Billion Euro an Investitionen in den Bereichen Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit unterstützen.
  • Darüber hinaus werden wir bis Ende 2020 alle unsere Finanzierungsaktivitäten an den Grundsätzen und Zielen des Pariser Abkommens ausrichten.

Insgesamt beliefen sich die grünen Finanzierungen der EIB (Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit) im Jahr 2019 bereits auf 21,3 Mrd. EUR (34% der gesamten Finanzierungen). Gleichzeitig haben wir im vergangenen Jahr unsere neue Finanzierungspolitik im Energiebereich eingeführt, die uns dazu verpflichtet, die Finanzierung von Energieprojekten auf der Grundlage fossiler Brennstoffe auslaufen zu lassen. Andere sektorbezogene Politiken, insbesondere im Verkehrsbereich, werden bald folgen. In allen Bereichen sind unsere Politiken eng mit denen der Europäischen Kommission abgestimmt, die bei der Orchestrierung der Arbeit rund um die EU-Taxonomie für nachhaltige Aktivitäten eine außerordentlich erfolgreiche Arbeit geleistet hat.

Mit dem gleichen Ansatz wird die EIB auch Teil des Green Deal der EU sein und diesen unterstützen, vor allem durch das InvestEU-Programm (europa.eu/investeu/home_de), das den Erfolg des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI – ec.europa.eu/european-fund-strategic-investments-efsi_de), den wir derzeit umsetzen, widerspiegelt und darauf aufbaut. Zu guter Letzt möchte ich noch einmal betonen, dass – genau wie Klima und nachhaltige Entwicklung – Klima und gerechter Übergang 90 Hand in Hand gehen: Als Teil des von Ursula von der Leyen angekündigten 100 Milliarden Euro umfassenden Übergangspakets („Just Transition Mechanism“ – ec.europa.eu/fs_19_6716) wird die EIB-Gruppe zwischen 2021 und 2027 rund 25 bis 30 Milliarden Euro an Investitionen durch konzessionäre Darlehen an den öffentlichen Sektor in den betreffenden Regionen mobilisieren.

Finanzierung

Werner Hoyer, EIB – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Auch die Finanzierungsseite unserer Aktivitäten spiegelt unser Engagement für eine nachhaltige Entwicklung wider. Die EIB hat bei der Entwicklung des Marktes für grüne Anleihen Pionierarbeit geleistet und 2007 ihre erste Klimaanleihe aufgelegt, die sich auf klimabezogene Investitionen konzentriert. Heute sind wir der größte Emittent dieser grünen Anleihen, und wir verwenden die Erlöse aus den CAS-Emissionen zur Unterstützung von Projekten in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Unser Sustainability Awareness Bond (SAB – erstmals im April 2018 aufgelegt – eib.org/eib-issues-first-sustainability-awareness-bond) baut auf dem Erfolg der Climate Awareness Bonds auf, hat aber einen breiteren Anwendungsbereich. Die Verwendung des Wortes „Awareness“ (Bewusstheit) im Namen bezieht sich auf die Rolle einer multilateralen Institution nicht nur bei der Finanzierung von Projekten, sondern auch bei der Sensibilisierung des Marktes für wichtige Themen durch die Schaffung von Best Practices und die Unterstützung des Marktes durch eine glaubwürdige und transparente Berichterstattung. Die Erlöse aus dem Sustainability Awareness Bond werden zunächst Aktivitäten im Wassersektor unterstützen, wo die Bank über langjährige Erfahrung und eine kontinuierliche Projektpipeline verfügt. Sehr bald wird die Verwendung der Erlöse aus dem SAB auf die Unterstützung von Projekten in den Bereichen Gesundheit und Bildung ausgeweitet werden. Auch hier besteht das Ziel darin, private Finanzmittel zur Unterstützung sozialer, grüner und nachhaltiger Projekte zu mobilisieren und einen Dialog darüber zu eröffnen, wie die für die Erfüllung der SDGs erforderlichen Billionen aufgebracht werden können.

Wirkung

Aber wie wir alle wissen, zählen nicht die Finanzierungsvolumina, sondern der Unterschied und die Auswirkungen der Projekte auf die Erreichung der SDGs. Daher ordnen wir die Inputs, Outputs und Ergebnisse unserer Projekte den Zielen der SDGs genau zu, um ihren Beitrag zu jeder der SDGs genauer zu messen. Ich erspare Ihnen die Einzelheiten über die Unterschiede, welche die von der EIB finanzierten Projekte aufweisen, und verweise diejenigen von Ihnen, die daran interessiert sind, auf unsere Tätigkeitsberichte. Lassen Sie mich nur sagen, dass die Zahl der Menschen, die durch die von der EIB mitfinanzierten Gewinne von einer modernisierten oder neuen Infrastruktur profitieren, in die zweistellige Millionenhöhe geht.

Digitalisierung & Fintech

Werner Hoyer, EIB – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Nachhaltige Entwicklung hängt sehr stark von der Beendigung der Armut und der Schaffung von Wohlstand durch die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze ab. Aus diesem Grund hat sich die EIB stets auf Projekte konzentriert, die Investitionen des privaten Sektors mit modernster öffentlicher Infrastruktur kombinieren. Der digitale Sektor ist ein Paradebeispiel dafür, dass diese beiden Bereiche zusammenkommen und beispiellose Synergien schaffen. Die Verbindung wird auch im Bericht der Task Force aus dem vergangenen Jahr sehr schön untersucht: Nutzung der Digitalisierung bei der Finanzierung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung. Die digitale Infrastruktur bildet von jetzt an die Grundlage für alle nachhaltigen Aktivitäten: feste und mobile Kommunikationssysteme sowie Datenzentren – schnell, sicher und erschwinglich – sind die grundlegenden Voraussetzungen für alle digitalen Dienste. Die EIB ist der größte Geldgeber unter den multilateralen Entwicklungsbanken.

  1. Erstens haben wir Unterwasser-Internetkabel rund um Afrika, satellitengestützte Internetverbindungen und mobile Netze in abgelegenen Gebieten auf dem ganzen Kontinent finanziert.
  2. Zweitens haben wir digitale Dienstleister, darunter auch Fintechs wie MBIRR in Äthiopien, die der ländlichen Bevölkerung beispielsweise über Mikrofinanzinstitutionen Zugang zu Bankkonten und erschwinglichen Finanzdienstleistungen ermöglichen. Wir investieren weiterhin Jahr für Jahr in Unternehmen wie diese, entweder direkt oder über spezielle Fintech-Fonds, vor allem in Afrika und Asien (Beispiele: Partech und Leapfrog).
  3. Drittens sind neue Geschäftsmodelle, die durch digitale Technologien ermöglicht werden, wie z.B. Logistik in ländlichen Gebieten oder auf kleine landwirtschaftliche Betriebe zugeschnittene Wetterdienste, weitere Beispiele, die die – noch weitgehend unerschlossenen – Vorteile digitaler Innovationen aufzeigen, die Unternehmen und Arbeitsplätze schaffen, die es vorher nicht gab.

Kombiniert man dies mit der Finanzierung durch SDG-Anleihen, wie zum Beispiel die Klima- oder Nachhaltigkeits-Anleihen der EIB, so sät man die Saat für eine florierende nachhaltige Wirtschaft, die das Potenzial hat, langfristig nachhaltigen Wohlstand zu schaffen. Vielen Dank!