Fusion von Google und Fitbit: Wettbewerbsbehörden können jetzt Zeichen setzen

In der digitalen Welt spielen insbesondere persönliche Daten eine Rolle, die sich über immer vielfältigere Dimensionen hinweg verknüpfen lassen und damit dominante Marktstellungen zementieren können. Häufig wird dabei tief in die Privatsphäre von Personen eingegriffen, mangels alternativer Anbieter bleiben NutzerInnen digitaler Dienstleistungen aber kaum relevante Ausweichmöglichkeiten. Zwar wurden in den vergangenen zwei Jahren Reformen im Wettbewerbsrecht (etwa die zehnte GWB-Novelle in Deutschland) vorgeschlagen oder umgesetzt, um der Dynamik digitaler Märkte Rechnung zu tragen, und sogar eine Regulierung der digitalen Giganten diskutiert. Dennoch stehen die Wettbewerbsbehörden noch immer vor großen Herausforderungen.

Der angekündigte Kauf von Fitbit durch Google ist hierfür ein aktuelles Paradebeispiel. Fitbit ist als erfolgreicher Anbieter tragbarer Minicomputer in Form von Armbanduhren ein äußerst attraktives Ziel für Google. Die von Fitbit vermarkteten Fitness-Tracker sammeln rund um die Uhr eine Fülle an Gesundheitsdaten ihrer jeweiligen TrägerInnen, die wertvolle Schlussfolgerungen zur gesundheitlichen Verfassung und zu täglichen Aktivitäten und Gewohnheiten erlauben. Für Google haben diese Daten ein enormes Potential, wenn sie der Konzern mit anderen Individualdaten, die er ohnehin schon reichlich sammelt, verknüpfen kann. Die Folgen könnten gravierend sein: Die Verlockung für Google erscheint groß, seine Marktmacht durch noch detailliertere, exklusive Nutzerprofile und das Bündeln von Produkten weiter auszuweiten. Somit könnten bisherige Fitbit-Wettbewerber verdrängt und die KonsumentInnen inklusive ihrer Daten mangels Alternativen noch enger an Google gebunden werden.

Es ist ermutigend, dass die Europäische Kommission nun – auch auf Druck aus der Wissenschaft und Zivilgesellschaft hin – eine vertiefte Untersuchung des Google-Fitbit-Deals gestartet hat. Die EU-Wettbewerbshüter stehen damit vor der Mammutaufgabe, die dynamische Wettbewerbssituation systematisch zu bewerten. Aufgrund der vielfältigen potentiellen Probleme erscheint es im Sinne der Allgemeinheit, dass die ganze Bandbreite möglicher Konsequenzen eines Übergehens von Fitbit an Google evaluiert wird. Die formelle Auseinandersetzung mit den in dynamischen Märkten inhärent großen Unsicherheiten wird hierbei eine zentrale Rolle spielen. Weil in diesem Fall die Kosten einer Monopolisierung im Vergleich zu einem lebhaften Wettbewerbsumfeld so hoch sein könnten, wäre wohl selbst beim geringsten Anzeichen einer solchen künftigen Monopolstellung ein Verbot der Fusion vertretbar.

Doch selbst wenn die Europäische Kommission sich für ein Verbot entscheiden und mit einer innovativen und schwierigen Beweisführung letztlich vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern sollte: Es wäre ein wichtiges Signal, dass die Dynamik in digitalen Märkten mit Monopolisierungstendenzen in Zukunft einen höheren Stellenwert in der Fusionskontrolle einnehmen wird und fusionierende Unternehmen mit größeren Hürden rechnen müssen. Welche Spielräume die Wettbewerbsbehörden haben sollten, muss auch in politischer und rechtlicher Hinsicht weiter intensiv diskutiert werden. Insbesondere muss der Rechtsrahmen für eine effektive Wettbewerbspolitik der Tatsache Rechnung tragen, dass die dynamische Entwicklung digitaler Märkte nur sehr schwer vorhersehbar ist.

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