EIB: Stiller Riese in EU-Regionalpolitik

Nach einer umfassenden Umgestaltung wird die Europäische Investitionsbank (EIB) künftig eine wachsende Rolle bei der Überbrückung von Entwicklungsunterschieden zwischen den EU-Regionen spielen und gleichzeitig Mittel für die Ökologisierung aufbringen. Beobachter warnen jedoch, dass das Erreichen der Ziele nicht einfach sein wird – schreibt Vlagyiszlav Makszimov am 30.12.2020 auf EURACTIV.

Die EIB ist ein oft übersehener Akteur der europäischen Kohäsionspolitik. Dabei wird etwa ein Drittel ihrer jährlichen Mittel in Höhe von 70-80 Milliarden Euro für das Ziel eingesetzt, die Unterschiede zwischen den Regionen der EU zu verringern. Zwischen 2015 und 2019 stellte die EIB insgesamt 84,4 Milliarden Euro für Projekte in EU-Kohäsionsregionen zur Verfügung und zahlte allein im letzten Jahr 16,13 Milliarden aus. Inzwischen spricht sich die Institution insbesondere für den Einsatz von Darlehen und Garantien zur Finanzierung der weiteren EU-Entwicklung aus.

„Natürlich wissen wir, dass es immer noch Sektoren gibt, die Unterstützung in Form von Zuschüssen benötigen, aber gleichzeitig kennen und verstehen wir alle die Vorteile von Finanzinstrumenten, die ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und im Vergleich zu Zuschüssen eine nachhaltigere Art der Finanzierung darstellen,“ sagte EIB-Vizepräsidentin Liljana Pawlowa, die für die Finanzierung der „sozialen und wirtschaftlichen Kohäsion“ zuständig ist, gegenüber EURACTIV. „Unsere Beratungsdienste spielten und spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung der Entwicklung all dieser Finanzierungsinstrumente,“ fügte sie hinzu.

Die Institution hilft nationalen Entwicklungsbanken und Behörden beim Aufbau von Finanzkapazitäten – besonders wichtig in jüngeren Mitgliedsstaaten und weniger entwickelten Regionen, denen oft das finanzielle Know-how fehlt, um komplexe Finanzprodukte einzurichten und zu betreiben.

Die wichtigste Art und Weise, wie die Bank zur Umsetzung der EU-Strukturfonds beiträgt, ist die Bereitstellung von Darlehen für Regionen, um den obligatorischen nationalen Beitrag auszugleichen, der erforderlich ist, um EU-Unterstützung zu erhalten: Seit 2007 hat die EIB mehr als 31 Milliarden Euro an nationale und regionale Behörden vergeben, mit denen deren Strukturprogramme umgesetzt werden. Der Darlehensgeber, dessen Anteilseigner die EU-Länder sind, hat auch als Fondsmanager für Mittel fungiert, die in die Regionen geleitet wurden – und zwar in Höhe von 7,5 Milliarden Euro.

Neben der Unterstützung weniger entwickelter Regionen bei der Schaffung von Finanzkapazitäten musste die Bank in den vergangenen Jahren auch selbst erhebliche Veränderungen durchlaufen. In der Vergangenheit galt sie als sehr risikoscheue Institution, die große Infrastrukturkredite bevorzugte. Das hat sich geändert, nachdem sie zum wichtigsten Umsetzer des 2015 gestarteten Juncker-Plans wurde, der darauf abzielte, nach den Finanz- und Eurozonenkrisen private Investitionen für die angeschlagene EU-Wirtschaft anzuregen.

Während die EU-Institutionen die Mobilisierung von rund 500 Milliarden Euro als Erfolg bejubelten, teilten die europäischen Rechnungsprüfer mit, die angeblich generierten Beträge seien möglicherweise zu hoch angesetzt gewesen. Der Europäische Rechnungshof wies außerdem darauf hin, dass ein großer Teil der Mittel vornehmlich an größere Mitgliedsstaaten ging. Die EIB sah sich dadurch ihrerseits  zur Verteidigung gezwungen: Das Gesamtbild sei deutlich ausgewogener, wenn die Kreditvergabe an das Pro-Kopf-BIP angepasst würde. Mit Verweis auf EIB-Präsident Werner Hoyer sagte Pawlowa, der Juncker-Plan habe „die DNA der Bank verändert, weil er unsere Fähigkeit vervielfacht hat, mehr kalkulierte Risiken einzugehen und sich auf Finanzierungslücken in der europäischen Wirtschaft zu konzentrieren.“

Analysten erinnern allerdings, dass der Übergang von großen, sicheren Investitionen zu risikoreicheren Unternehmungen für die Bank nicht einfach war. Die EIB habe sich „besorgt“ gezeigt, „in die Gebiete zu gehen, die die wirklichen Kohäsionsgebiete waren – wegen des Risikos, faule Kredite zu bekommen. Die EIB hatte einfach nicht diese Kultur, faule Kredite zu halten,“ so Jorge Núñez Ferrer, Senior Research Fellow bei CEPS. Auch er sei der Meinung, dass der Juncker-Plan das Profil der Bank geschärft habe. Dies bedeute aber auch, dass sie einen Teil ihrer operativen Unabhängigkeit aufgeben musste: „Die EIB hat in den letzten Jahren etwas ganz Besonderes erlebt: Sie ist zu einem politischen Werkzeug geworden. Das stört wahrscheinlich die Leute, die im operativen Geschäft der Bank sind. Aber für die Leute, die die Führung der Bank sind, macht es die EIB sichtbarer,“ fügte Ferrer hinzu. Insbesondere für die EU-Kohäsionspolitik habe die Bank an Bedeutung gewonnen. Einerseits gebe es nun „mehr Finanzinstrumente, die von Regionen genutzt werden, die auch lernen, ihre eigenen Instrumente zu schaffen.“ Andererseits „lernt die EIB selbst, eine echte Entwicklungsbank zu werden sowie jetzt – möglicherweise zu ihrem Bedauern – auch eine Klimabank“. Insgesamt sei dies „eine gesunde Veränderung“, so Ferrer weiter.

Tatsächlich haben die EU-Regierungen im vergangenen Monat einen „grünen Fahrplan“ mit einem Volumen von einer Billion Euro für die Kreditvergabe der EU verabschiedet. Dieser sieht vor, dass die EIB keine Projekte mit Bezug auf fossile Brennstoffe und den Ausbau von Flughäfen mehr finanziert, sich an den Zielen des Pariser Klimaabkommens orientiert und bis 2025 mehr als die Hälfte ihrer jährlichen Finanzierungen für grüne Investitionen bereitstellt.

Anna Roggenbuck, Policy Officer bei der NGO Bankwatch, kommentierte: „Es war wirklich sichtbar, dass diese [neue] Ausrichtung sehr stark von innerhalb der Bank, von ihrem Top-Management, vorangetrieben wurde.“ Sie begrüßte die grünen Pläne der Bank, warnte aber, dass der Fahrplan auch eine Herausforderung darstellen könnte, da viele der Kohäsionsregionen weniger entwickelte Wirtschaften sowie eine Infrastruktur haben, die oft von fossilen Brennstoffen abhängig ist. „Das stellt eine Herausforderung für die Kohäsion dar, weil die EIB diese Regionen wirklich genau bei der Vorbereitung von Projekten unterstützen muss, die für eine Finanzierung in Frage kommen,“ sagt sie. Positiv zu vermerken sei dabei: „Es scheint jedoch, dass die EIB sich der Herausforderung bewusst ist,“ so die Aktivistin. Weiter lobte sie, dass der bestehenden technischen Unterstützung in der Klima-Roadmap besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Pawlowa betonte ihrerseits, das Klima-Engagement der Bank dürfe „nicht auf Kosten unseres Engagements in der Kohäsionspolitik gehen. Das tut es aber auch nicht, ganz im Gegenteil: Wir glauben, dass die beiden Ziele sich gegenseitig unterstützen.“ Gleichzeitig stimmte sie zu, dass die nationalen und regionalen Behörden mehr Unterstützung benötigen, vor allem in den Bereichen Umwelt und Regelung staatlicher Beihilfen: „Es sollte mehr in technische Hilfe investiert werden, um die Qualität der Projektkapazitäten der regionalen Behörden speziell zu erhöhen und die Absorption zu unterstützen.“ Eine weitere Herausforderung dürfte die relativ späte Einigung auf den nächsten Siebenjahreshaushalt der EU sein. Dieser muss nun implementiert werden, zeitgleich mit dem Recovery Fund, der eine deutlich schnellere Umsetzungszeit verlangt.
[Bearbeitet von Benjamin Fox und Tim Steins] 

->Quelle: euractiv.de/eib-der-stille-riese-in-der-eu-regionalpolitik