Zwei Jahre 560 Euro bar auf die Kralle

Experiment mit Grundeinkommen in Finnland

Finnland hat das bedingungslose  Grundeinkommen (BGE) getestet. Das Ergebnis, jedenfalls in der Sicht von FAZ-Autor Patrick Bernau, verantwortlicher Redakteur für Wirtschaft und „Geld & Mehr“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, ganz unvoreingenommen: „die vielleicht größte Utopie dieser Zeit“ – sein Fazit am 06.05.2020 : „Wer Geld vom Staat bekommt, hat weniger Stress. Das allerdings war nicht die wichtigste Frage, die Neugierige an das Experiment hatten.“

So viel stehe fest: Wer ein bedingungsloses Grundeinkommen bekomme, fühle sich weniger gestresst. Das ist laut Bernau eine der klarsten Erkenntnisse des finnischen Experiments über das Grundeinkommen, dessen Ergebnisse jetzt vorgestellt wurden. „Wer das Einkommen bezieht, der fühlt sich mental deutlich besser“, sagt Signe Jauhiainen, Forscherin bei der finnischen Sozialversicherung Kela. Die Betroffenen waren zufriedener mit ihrem Leben, weniger depressiv und hatten mehr Vertrauen in ihre Mitmenschen. Geldgeschenke haben eben vielfältige positive Auswirkungen.

Unterstützter von Startup-Finanzier Frank Thelen bis zu Telekom-Chef Tim Höttges befürworten das Konzept schon lange. Die Idee sei oft: Wenn die Arbeit infolge des technischen Fortschritts bald ausgehe, solle Arbeit weiter aus dem Zentrum des Lebens rücken. Doch die Hauptfrage an das bedingungslose Grundeinkommen bleibe (und Bernau stellt sie erbarmungslos): Arbeiten dann noch genügend Leute?  Oder, härter gefragt: Werden BGE-Bezieher faul? Bernau: „Am Ende des Experiments änderte das Grundeinkommen nichts daran, wie viel die Menschen arbeiten: Die Empfänger des Grundeinkommens arbeiteten durchschnittlich sechs Tage im Jahr mehr – ein sehr kleiner Unterschied. Doch erfahrene Experimentierer bemängeln schon lange, dass die Antworten des finnischen Experiments in der Frage der Arbeitsmoral nicht weiterhelfen.“

In der Süddeutschen Zeitung klang das anders: „Die finalen Ergebnisse waren vor allem eine Vertiefung dessen, was bereits Anfang 2019 veröffentlicht worden war: Teilnehmer mit Grundeinkommen fanden in geringem Maße besser, aber nicht schlechter Arbeit. Sie fühlten sich insgesamt wohler, waren seltener depressiv und ängstlich. Sie empfanden mehr Autonomie, weil sie länger finanziell vorausplanen konnten. Sie hatten stärker das Gefühl, ihre Zukunft in der Hand zu haben und Dinge von Bedeutung tun zu können,“ schrieb Lea Hampel.

FAZ-Bernau bemängelt an dem finnischen Experiment dagegen zweierlei: Erstens die Auswahl der Teilnehmer. 2000 Finnen seien zufällig ausgewählt worden, und hätten monatlich ihre Sozialversicherungs-Zahlungen von 560 Euro bedingungslos bekommen. Bernaus Verdikt: So kann man nicht testen, ob arbeitende Menschen angesichts des Grundeinkommens ihre Stelle aufgeben. Ebenso wenig lasse sich testen, ob arbeitslose Menschen eher arbeitslos bleiben (die BGE-Bezieher waren sämtlich Abeitslose) – „der zweite Mangel des Experiments: Es war von vornherein auf zwei Jahre befristet. Kaum jemand wird freiwillig arbeitslos bleiben, wenn er genau weiß, dass das Grundeinkommen bald wieder verschwindet“.

Doch die Riege der Befürworter wächst: Auch Milton Friedman hat das bedingungslose Grundeinkommen schon  gefordert – er nannte es zwar ein bisschen anders (negative income tax), aber die Grundidee dahinter war die gleiche. Nun ist der Wirtschaftsnobelpreisträger nicht unbedingt als sozialistischer Vordenker oder Utopist bekannt. „Ein Grund vielleicht auch für Herrn Bernau, sich ein bisschen weniger voreingenommen mit dem Thema zu beschäftigen?!“ So ein Leser-Kommentar auf faz.de.

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