Ausbeutung von Mensch und Natur ungebremst

Lösung aktueller Umweltprobleme weder mit technologischen Neuerungen noch mit grünem Kapitalismus

„Lauter Kaiser auf dem SUV-Thron“ überschreibt Alexander Behr auf ORF.at seine Rezension des Buches von Ulrich Brand und Markus Wissen „Imperiale Lebensweise – Zur Ausbeutung von Mensch und Natur in Zeiten des globalen Kapitalismus“. Die beiden Politikwissenschaftler aus Wien und Berlin hätten „eine äußerst lesenswerte Analyse der aktuellen Umweltproblematik vorgelegt“. Unsere „imperiale Lebensweise“ richtet an anderen Orten des Globus ökologischen und sozialen Schaden an; die Folgen des Konsums werden externalisiert.

„Haben wir die Zeiten des Imperialismus nicht längst hinter uns gelassen?“ fragt der Oekom-Verlag rhetorisch, denn wenn man erwäge, in welchem Maße sich der Globale Norden nach wie vor an den ökologischen und sozialen Ressourcen des Globalen Südens bediene, rückten die Begriffe „Globaler Kapitalismus“ und „Imperialismus“ wieder näher zusammen. „Unsere Muster von Produktion und Konsum erfordern einen überproportionalen Zugriff auf Ressourcen, Arbeitskraft und biologische Senken der restlichen Welt. Mit anderen Worten: Die Ausbeutung von Mensch und Natur hält nach wie vor an – und nimmt weiter an Fahrt auf“.

Ulrich Brand und Markus Wissen legen in ihrem Buch eine umfassende Krisenbeschreibung vor, die zeigt, wie inadäquat die aktuellen, oft marktförmigen und technischen Strategien der Problemlösung im Kapitalismus sind. Das Buch erinnert eindringlich daran, wie notwendig eine umfassende »sozial-ökologische Transformation« hin zu einer solidarischen Lebensweise ist und wie man sie auf den Weg bringen kann.

Aus der Rezension Behrs im ORF: Die Autoren „beziehen sich auf den italienischen Theoretiker Antonio Gramsci, der in den 1920er Jahren den Begriff der Hegemonie prägte. Er erklärt, warum bestimmte Formen der Herrschaft weniger mittels direkter Gewalt ausgeübt werden als vielmehr durch materielle und ideologische Zugeständnisse und Kompromisse, die zu Konsens oder passiver Zustimmung führen. Im Fordismus, also der Produktionsphase, die vom frühen 20. Jahrhundert bis in die 1970er Jahre reichte, wurde den Arbeitern und Arbeiterinnen diese Zustimmung unter anderem durch die Ausweitung ihrer Konsummöglichkeiten abgerungen: Im Laufe der Nachkriegsjahrzehnte wurde es üblich, dass Familien sich den Bau von Einfamilienhäusern sowie den Kauf von Autos, Kühlschränken, Staubsaugern und vielem mehr leisten konnten. Der Fleischkonsum stieg an, und der allgemeine Lebensstil beruhte immer mehr auf fossiler Energie. Seither ist der Ressourcenverbrauch in den reichen Ländern wie auch global weiter angestiegen und steigt nach wie vor. Dieses Dilemma besteht – und hier kommen wir zum zentralen Argument des Buches – trotz zahlreicher Klimakonferenzen, der Weiterentwicklung von Wind- und Sonnenenergie sowie einem tendenziell steigenden Umweltbewusstsein. Doch wie kann es sein, dass der Klimaschutz trotz all dieser scheinbar positiven Entwicklungen im Grunde nicht vorankommt? Brand und Wissen gehen dieser Frage mit Akribie nach – und sie kommen zu einem klaren Schluss. Um den Klimawandel zu stoppen und die Ausbeutung von Mensch und Natur zu beenden, wäre eine Abkehr vom Paradigma des Wirtschaftswachstums notwendig.“

Ulrich Brand, Markus Wissen: Imperiale Lebensweise – Zur Ausbeutung von Mensch und Natur in Zeiten des globalen Kapitalismus, München, 2017, ISBN-13: 978-3-86581-843-0, Erscheinungstermin: 20.03.2017, Preis: 14.95 €, erhältlich als e-Book

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