Beiträge der Kategorie: Wirtschaftsethik

„Every day we hear the worn-out phrases…“

Irene Schöne: Klimakrise und ökonomische Theorie – 2. Vortrag vor „Scientists for Future“ am 22.02.2021

In ihrem zweiten Vortrag (nach:  blog.ethisch-oekologisches-rating.org/klimakrise-und-oekonomische-theorie) begründet Irene Schöne, „dass wir nachhaltig nicht werden wirtschaften können, ohne dass wir die bisherige Wirtschaftstheorie, mit der wir unser Handeln bisher begründen und legitimieren, modernisieren“. Denn die aktuellen Probleme der Menschheit gehen mit dem Verlust an Biodiversität und Umweltzerstörung weit über die Klimakrise hinaus.

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Finanzierung nachhaltigen Wachstums: unklare Ziele und Kriterien

Bundesrechnungshof warnt vor Greenwashing: EU-Taxonomie systematisch und wirksam kontrollieren

Geld – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

„Um Anleger vor fehlerhaft als nachhaltig bezeichneten Finanzprodukten zu schützen, muss der Bund für eine wirksame Kontrolle sorgen. Es muss sichergestellt sein, dass die Finanzmarktakteure die Vorgaben der EU-Taxonomie für Nachhaltigkeit und Transparenz einhalten,“ sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts über Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Aktionsplan der EU-Kommission zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums.

Ernst & Young (EY): „Der Aktionsplan der EU-Kommission zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums soll die notwendigen Kapitalströme in nachhaltige Projekte lenken und die Transparenz in diesem Wachstumsmarkt erhöhen. Die von Gesetzgebern und Regulatoren geforderte Lenkung der Finanzströme stellt eine Chance für Banken dar: Sie können als Katalysatoren des Wandels fungieren und zusätzliches Ertragspotenzial generieren.“

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Sicherheitenrahmen der Europäischen Zentralbank klimaschädlich

EZB immer noch zurückhaltend bis ignorant bei Klimaschutz-Kriterien

Die Europäische Zentralbank akzeptiert Anleihen von fossilen Energieunternehmen und stuft klimafreundlichere Sektoren als riskanter ein – immer noch. Sie akzeptiert von Kreditinstituten übermäßig viele eigentlich klimaschädliche Sicherheiten, so die am 10.03.2021 veröffentlichte Studie “Greening the Eurosystem Collateral Framework” von Greenpeace, der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich. Während Frankreichs Notenbank für Klimakriterien plädiert, bleibt die Bundesbank verhalten. Unabhängig von der Geldpolitik soll es in der Eurozone eine Klimaberichterstattung der Zentralbanken geben.

Greenpeace-Protest vor EZB am 10.03.2021 © Bernd Hartung, Greenpeace

Bannerflug für Grüne Geldpolitik in Frankfurt am Main -„Act on climate now“ fordert ein Greenpeace-Aktivist mit einem Flugbanner vor der Europäischen Zentralbank (EZB). In der EZB findet am 11.03.2021 unter Leitung von Christine Lagarde die Ratssitzung mit Mitgliedern des Direktoriums sowie den Präsidenten der europäischen Notenbanken statt. Die Aktivisten warnen davor, dass die Klimakrise auch die Preisstabilität gefährdet. Sie fordern von der EZB, ihre Geldpolitik endlich am Klimaschutz auszurichten. “Die EZB hält uns hin. Sie sollte zügig eine Strategie für den geldpolitischen Umgang mit der Klimakrise vorlegen, aber die Verantwortlichen bleiben vage“, sagt Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace. „Sie lassen zu, dass ihre Geldpolitik weiterhin klimaschädliche Unternehmen begünstigt.“

Studie offenbart Klimaschädlichkeit des EZB-Sicherheitenrahmen und zeigt drei Lösungswege

Die neue Studie “Greening the Eurosystem Collateral Framework” analysiert das Rahmenwerk zu den akzeptierten Kreditsicherheiten der Europäischen Zentralbank. Es handelt sich um eine gemeinsame Publikation von Greenpeace, der New Economics Foundation (NEF), der SOAS University of London, der University of the West of England und der University of Greenwich.

Besonders kritisch bewertet Greenpeace, dass Anleihen von klimaschädlichen Emittenten von niedrigeren Abschlägen profitieren, während die EZB klimafreundlichere Sektoren als riskanter einstuft und mit höheren Abschlägen versieht. Zudem akzeptiert die EZB überproportional viele Anleihen von fossilen Energieunternehmen. Die Studie lieferte zwei wichtige Erkenntnisse zur systematischen Bevorzugung von klimaschädlichen Unternehmen: Erstens die überproportionale Gewichtung der Anleihen klimaschädlicher Unternehmen und zweitens eine Risikobewertung, die klimaschädliche Geschäftsmodelle begünstigt. Beide Aspekte unterminieren den Umbau zu einem grünen Finanzsystem und müssen schleunigst geändert werden.

Die Studie schlägt drei Wege vor, um den kohlenstoffintensiven Anteil und damit die mit der Klimakrise verbundenen Risiken des Sicherheitenrahmens zu reduzieren. Während im ersten Szenario nur die Risikoabschläge entsprechend der Klimaschädlichkeit erhöht werden, schließen die beiden schärferen Szenarien auch besonders klimaschädliche Unternehmen aus.

Die präsentierten Szenarien zeigen verschiedene Wege auf, wie die klimaschädlichen Unwuchten des aktuellen Sicherheitenrahmens reduziert werden können. Während im ersten Szenario die Klimaschädlichkeit nur moderat gemindert wird und die Hoffnung auf den Unternehmen ruht, ihre Klimaschädlichkeit perspektivisch abzubauen, fällt die Reduktion des CO2-Fußabdrucks in den beiden Folgeszenarien, die klimaschädliche Unternehmen ausschließen, deutlich stärker aus. In den drei Szenarien bleibt der Zugang der Banken zu Zentralbankgeld volumenmäßig erhalten. Allerdings verändern sie die Arten von Anleihen, die Banken halten müssen, um Zugang zu Zentralbankgeld zu erhalten, erheblich. Dies schafft Anreize für Banken (und den gesamten Finanzsektor), in umweltfreundlichere statt in „schmutzigere“ Unternehmensanleihen zu investieren, was wiederum Anreize für Nicht-Finanzunternehmen schafft, ihre Praktiken an die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens anzupassen. Ohne eine Reform drohen die derzeitigen Regeln für den Sicherheitenrahmen die bestehenden Schwächen des Finanzsektors in weiten Teilen zu verfestigen und zu verschärfen. Die Zeit zu handeln, ist jetzt. Gerade in der gegenwärtigen Lage mit Pandemie und daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen gibt es keinen besseren Zeitpunkt, als jetzt die Weichen für ein zukunftsfähiges ökologisch-soziales Wirtschafts- und Finanzsystem zu stellen, um für künftige Krisen besser gewappnet zu sein. Immerhin – die EZB hat unter Leitung von Christine Lagarde bereits vergangenes Jahr eine Überprüfung ihrer aktuellen Geldpolitik und speziell der Rolle von Klimarisiken angekündigt. Die Offenlegung der neuen geldpolitischen Strategie war ursprünglich für Frühjahr 2020 angesagt, wurde jedoch verschoben und steht daher noch aus.

Die EZB-Geldpolitik gilt mit ihrer Steuerungs- und Investitionsmacht als Rahmengeber für den Euroraum. Insbesondere ihr Umgang mit Klimarisiken ist signalgebend für die europäische Finanzwelt. Obwohl EZB-Chefin Lagarde bereits im vergangenen Jahr auf den Zusammenhang von Klimarisiken und Preisstabilität aufmerksam machte, steht eine Reform der Geldpolitik immer noch aus. Die für Frühjahr 2021 angekündigte neue geldpolitische Strategie wurde verschoben. Die Ratsmitglieder widersprechen einnander derweil öffentlich, was die Rolle der Notenbanken beim Klimaschutz anbelangt. “Die Klimakrise als historische Herausforderung benennen und gleichzeitig Klimasünder begünstigen – das zeugt von Doppelmoral”, sagt Vargas.

->Quellen:

Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung veröffentlicht Abschlussbericht

„Shifting the Trillions – Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ – mit einem Kommentar von Harald Bolsinger

Am 25.02.2021 legte der Sustainable Finance-Beirat der Bundesregierung seinen Abschlussbericht „Shifting the Trillions – Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ vor- so Medienmitteilungen aus BMWi und BMU. Die zuständigen Staatssekretäre des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie nehmen ihn für die Bundesregierung mit großem Dank entgegen.

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EuGH verurteilt EIB wg. verweigerter Umweltprüfung

Europäische Investitionsbank unterliegt in bahnbrechendem Fall zu „grüner“ Überprüfung

In einem bahnbrechenden Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass die Europäische Investitionsbank (EIB) die Umweltprüfung ihrer Finanzierungsentscheidungen rechtswidrig umgangen hat, so Kira Taylor am 27.01.2021 auf Euractiv. Das Urteil des EuGH vom 27.01.2021 folge auf eine Klage von ClientEarth gegen die EU-Bank, nachdem diese den Antrag der NGO auf eine interne Überprüfung eines 60-Millionen-Euro-Kredits abgelehnt habe.

Die Anwälte sagten, dass die Gewährung des Darlehens für den Bau eines Biomasse-Kraftwerks der rumänischen Firma Losán in Spanien (Curtis, Galizien) gegen die Finanzierungskriterien der EIB für verantwortungsvolle Investitionen in erneuerbare Energien verstoßen, und es Fehler bei der Beurteilung der Eignung des Projekts für eine Finanzierung gegeben habe. Die EIB behauptete, der Antrag sei unzulässig gewesen und lehnte die Forderung von ClientEarth ab – ein Recht, das nach internationalem und EU-Recht durch die Aarhus-Konvention garantiert wird. weiterlesen

EIB: Stiller Riese in EU-Regionalpolitik

Nach einer umfassenden Umgestaltung wird die Europäische Investitionsbank (EIB) künftig eine wachsende Rolle bei der Überbrückung von Entwicklungsunterschieden zwischen den EU-Regionen spielen und gleichzeitig Mittel für die Ökologisierung aufbringen. Beobachter warnen jedoch, dass das Erreichen der Ziele nicht einfach sein wird – schreibt Vlagyiszlav Makszimov am 30.12.2020 auf EURACTIV.

Die EIB ist ein oft übersehener Akteur der europäischen Kohäsionspolitik. Dabei wird etwa ein Drittel ihrer jährlichen Mittel in Höhe von 70-80 Milliarden Euro für das Ziel eingesetzt, die Unterschiede zwischen den Regionen der EU zu verringern. Zwischen 2015 und 2019 stellte die EIB insgesamt 84,4 Milliarden Euro für Projekte in EU-Kohäsionsregionen zur Verfügung und zahlte allein im letzten Jahr 16,13 Milliarden aus. Inzwischen spricht sich die Institution insbesondere für den Einsatz von Darlehen und Garantien zur Finanzierung der weiteren EU-Entwicklung aus. weiterlesen

EU-Finanzkommissarin: Grünes Finanzwesen trotz Roter Zahlen

„Klimanotstand erfordert Solidarität in der EU und globale Zusammenarbeit“

EU-Finanzkommissarin Mairead McGuiness forderte am 17.11.2020 in einem Gastbeitrag für EURACTIV, „die aktuelle Gelegenheit“ zu nutzen, um ein stabileres Bankensystem zu entwickeln: „Es heißt zwar, Geld regiert die Welt, doch auch das Finanzwesen kann sich den Rufen nach einem Wandel unter Einbeziehung gesellschaftlicher Aspekte wie Klimawandel und sozialer Inklusion nicht verschließen, schreibt EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness. Wir leben in außergewöhnlichen Zeiten: Eine Pandemie zwingt uns, Arbeit, Wohnen und Freizeit völlig neu zu denken, und im Kampf gegen die Klimakrise besteht dringender Handlungsbedarf. Allein dieses Jahr wird die EU-Wirtschaft nach Schätzungen der Europäischen Kommission um acht Prozent einbrechen. Zugleich befinden wir uns im Klimanotstand, ausgerufen vom Europäischen Parlament im Dezember 2019 – gerade, als auch das Coronavirus zum ersten Mal auftrat. Nie zuvor waren Solidarität in der EU und globale Zusammenarbeit dringender gefordert. weiterlesen

Europas Banken haben in Sachen Nachhaltigkeit noch einen weiten Weg vor sich

Blackrock-Untersuchung: „Sektor bleibt hinter den Erwartungen von Regulierungsbehörden und Stakeholdern zurück“.

„Nachhaltigkeit hat sich etabliert“, schreibt der Finanzgigant Blackrock auf seiner Internetseite: BlackRock habe „weltweit Kunden befragt, die ein verwaltetes Vermögen von 25 Bio. USD repräsentieren. Wir wollten ihre Gründe für Umschichtungen in nachhaltige Anlagen verstehen und wie sich die Pandemie darauf auswirken könnte. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die grundlegende Kapitalverschiebung zugunsten nachhaltiger Anlageprodukte nimmt Fahrt auf.“ weiterlesen

Europa kann bei nachhaltigen Finanzen nur führen, wenn es der Wissenschaft folgt

Die EU-Steuergesetzgebung unter Nachhaltigkeitskriterien

Von Sandrine Dixson-Declève & Johan Rockström

Im kommenden Jahr wird die EU-Kommission weitere EU-Taxonomiekriterien entwickeln – für im Zusammenhang mit den vier Umweltzielen „Kreislaufwirtschaft, Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz der Biodiversität und der Ökosysteme“. Entscheidend dabei wird sein, dass auch diese der Wissenschaft folgen. Geschehe das nicht, schaffe das einen gefährlichen Präzedenzfall für sämtliche künftigen Umweltziele und nachhaltigen Finanzen, schreiben Sandrine Dixson-Declѐve (Co-Präsidentin, Club of Rome) und Johan Rockström (Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung).

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Rattengift auf mein Müsli

Walter Tauber rezensiert „Mathias Forster und Christopher Schümann (Hrsg.) Das Gift und wir – Wie der Tod über die Äcker kam und wie wir das Leben zurückbringen können.“

Klar geht es in diesem Buch um Gift. Das Schlüsselwort ist für mich aber umdenken. Oder ist es vielleicht Lüge? Die unzähligen Lügen, die das Umdenken verhindern? Denn wie wir heute mit unserem Leben umgehen, ist der blanke Irrsinn. Es ist fast – und nur wenig übertrieben – als würde ich allmorgendlich eine Prise Strychnin auf mein Müsli streuen. Panikmache? Nein, ich bekenne mich nur zu meiner Bereitschaft, die skandalöse Realität zu erkennen und zu benennen. Zu erklären, ”wie der Tod über die Äcker kam” ist schwere Kost. Hier aber wird sie in großartiger Weise aufbereitet. Den Autoren gelingt es, den Kern auch hochkomplexer wissenschaftlicher Sachverhalte verständlich darzulegen. Ziel der Herausgeber ist es, den Leser urteilsfähig zu machen. Das ist ihnen gelungen. Gerade angesichts der vielen Lügen sollen wir den Sachverhalt verstehen. Dann erst können wir auch umdenken und handeln. “Wir plädieren für einen fundamentalen Systemwechsel,” so Forster und Schümann in ihrer Einleitung, “der dem Leben in seiner Vielfalt wieder gerecht wird.” (S. 22) weiterlesen