Beiträge der Kategorie: Wirtschaftsethik

EU-Klima-Taxonomie als weltweit erstes System zur einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten

EU stärkt mit „Klima-Taxonomie“ Transparenz für nachhaltige Investitionen

Die EU-Kommission schafft mit der Klima-Taxonomie weltweit ein erstes System zur einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten. Grüne Investitionen sollen dadurch Schub erhalten. DIW-WissenschaftlerInnen begrüßten am 16.12.2020 die Taxonomie als Instrument für mehr Transparenz – Schwellenwerte stehen aber nicht immer in Einklang mit Ziel der Klimaneutralität.

Die EU will nachhaltige Investitionen stärken und entwickelt dafür erstmals einheitliche Kriterien für klimaverträgliche Wirtschaftsaktivitäten, die sogenannte EU-Taxonomie. Mit deren Hilfe sollen Investitionen in „grüne“ Projekte gelenkt werden, um so die Europäische Union ihrem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 näher zu bringen. ÖkonomInnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) haben die Taxonomie unter die Lupe genommen. Sie gehen von einer guten Wirksamkeit aus.  Allerdings sehen sie in einigen Punkten auch Nachbesserungsbedarf: Nicht in allen Wirtschaftszweigen, wie etwa der CO2-intensiven Industrie, sind die derzeit diskutierten Kriterien ausreichend. Als wichtige Stellschraube sehen die ExpertInnen Franziska Schütze, Jan Stede, Marc Blauert und Katharina Erdmann in der Taxonomie festgeschriebene sektorspezifische Schwellenwerte für Emissionen, die bislang noch nicht vollumfänglich mit Klimaneutralität vereinbar sind. weiterlesen

Im Finanzausschuss: „Warnung vor Belastung durch Sustainable Finance“

Viele verharren im Gestern

Vertreter mehrerer Fraktionen haben im Finanzausschuss vor zu hohen Belastungen des Mittelstands durch eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeitskriterien im Rahmen von „Sustainable Finance“ gewarnt – so jedenfalls der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. In der Sitzung des Ausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) berichtete am 16.12.2020 der Leiter des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung, Karsten Löffler, über die Arbeit des Gremiums. Löffler erklärte, der aus 38 Mitgliedern aus Finanzwirtschaft, Realwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie Beobachtern aus Verbänden und Bundesbank bestehende Beirat wolle der Bundesregierung im Februar 2021 seinen Bericht mit Empfehlungen zur Strategieentwicklung vorlegen. Die Finanzwirtschaft habe großes Interesse an der Schaffung europäischer Standards zur Sustainable Finance. Deutschland müsse sich auf europäischer Ebene stärker einbringen, forderte Löffler. Eine Reihe von Nachbarländern hätten ihre Strategien bereits veröffentlicht. Sustainable Finance sei kein Selbstzweck, sondern solle den Finanzsektor in die Position bringen, die Transformation der Wirtschaft „bestmöglich zu begleiten und zu finanzieren“. weiterlesen

Grundlage für ESG-Ratings stammt aus Deutschland

Nachhaltigkeitskriterien

Nr. 8/20 – Tübingen, 9.12.2020

Nachhaltiges Investment ist auf dem Vormarsch. Durch die im November verkündete Mehrheitsbeteiligung bei ISS, (mit ihrer Tochter ISS-ESG, ehemals oekom-research) wird die Deutsche Börse zu einem der weltweit führenden Finanzanbieter von Daten und Research im Bereich „Environment, Social and Governance“ (ESG). Als wissenschaftliche Grundlage für die Nachhaltigkeitskriterien der ISS-ESG gilt der Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden (FHL) der Weltethos- Forschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft (ehemals Forschungsgruppe ethisch-ökologisches Rating). Die Mitglieder der Forschungsgruppe sind Pioniere im Bereich wissenschaftlicher Arbeit zu kulturverträglichen Konzepten sozial und ökologischer Investments und weltweit aktiv. Die Deutsche Börse AG und Genstar Capital LLC haben am 18. November 2020 bekannt gegeben, dass die Deutsche Börse eine Mehrheitsbeteiligung von circa 80% an ISS basierend auf einer 100%-Bewertung von 2,275 Millionen US-Dollar (1,925 Millionen Euro) erwerben wird. Durch die Akquisition wird die Deutsche Börse auch zu einem der weltweit führenden Anbieter von ESG-Daten und -Research. Der Abschluss der Transaktion wird für das erste Halbjahr 2021 erwartet. Auch die Deutsche Börse unterstreicht damit nachdrücklich ihr Bekenntnis zu ESG als einen der wichtigsten Megatrends der Branche, der das Investitionsverhalten in den kommenden Jahren grundlegend verändern wird. weiterlesen

Bundesregierung modernisiert Nachhaltigkeitsstrategie

Zweite Stufe – Veröffentlichung 1. Hälfte 2021

Wie sieht eine nachhaltige Landwirtschaft aus? Wie lässt sich das Leben unter Wasser schützen? Wie und mit welchen Instrumenten können wir einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten? An der Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 2016 konnten sich Bürgerinnen und Bürger einer Medienmitteilung vom 02.11.2020 folgend beteiligen. Diskussionsgrundlage dafür war die Dialogfassung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS).

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am 01.10.2020 in einer Video-Botschaft den Startschuss für den Beginn der zweiten Stufe des Dialogs zur Aktualisierung der Nachhaltigkeitsstrategie gegeben. Mit den Online-Konsultationen „setzen wir auf breite Beteiligung aus allen Bereichen von Wissenschaft, Wirtschaft und der gesamten Gesellschaft. Denn es ist völlig klar: Nachhaltige Entwicklung gelingt nur als Gemeinschaftswerk“, betonte die Kanzlerin. weiterlesen

Wer Wind sät, wird Sturm ernten?

Peter Hennicke über die UBS/PwC-Studie „Riding the storm“1

Eine neuere Studie von UBS und PwC mit dem vielversprechenden Titel “Riding the Storm“ untersucht die Anzahl, den Vermögensumfang, die Investitions-Schwerpunkte und die Perspektiven der Milliardäre der Welt2 bis zum Juli 2020. Insofern vermittelt die Studie auch einen interessanten Einblick in die Wechselwirkungen von ökonomischen Folgen der Corona-Krise und Aktivitäten der Superreichen. Insbesondere eine Hauptthese ist interessant: “Wir haben bereits zuvor gesehen, wie eine Kohorte von „Innovators“ und „Disruptors“ von Milliardären, die in den Bereichen Technologie, Gesundheitswesen und Industrie aktiv sind, zur Umgestaltung der Wirtschaft beigetragen hat. COVID-19 hat diesen Trend drastisch beschleunigt … Dies ist ein Schlüsselmoment in der Wirtschaftsgeschichte, eine Zeit außergewöhnlicher schumpeterianischer kreativer Zerstörung“.3

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Klimawandel wird Thema bei Bankentreffen

Erderwärmung in Finanzbranche angekommen – US Federal Reserve (Fed) tritt Network for Greening the Financial System (NGFS) bei

Inzwischen ist der Klimawandel auch bei internationalen Banken-Treffen ein wichtiges Thema – am 20.11.2020 auch erstmals beim traditionellen European Banking Congress in Frankfurt – so Rolf Obertreis in der Frankfurter Rundschau. Notenbanker und Banker seien sich einig gewesen, dass die Risiken des Klimawandels erheblich sind und entsprechend berücksichtigt werden müssten.

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Plötzlich Machtzentrum

Deutsche Börse übernimmt Mehrheit an ISS

„Die Deutsche Börse gilt als einer der langweiligsten Dax-Konzerne, jetzt übernimmt das Unternehmen passend zum Investorentag den wichtigen Anlageberater und Datenanbieter ISS – und steigt so zur globalen Macht auf“, stellt die Wirtschaftswoche am 18.11.2020 lakonisch-trocken fest. „Plötzlich Machtzentrum“ überschreibt Lukas Zdrzalek seinen Text. Mindestens ebenso lakonisch-trocken liest sich die Medienmitteilung der Frankfurter Deutsche Börse AG:

    • Die Deutsche Börse erwirbt in Partnerschaft mit dem aktuellen Management und Genstar Capital eine Mehrheitsbeteiligung an Institutional Shareholder Services (ISS), basierend auf einer Bewertung von 2.275 Millionen US-Dollar (1.925 Millionen Euro) für 100 % von ISS
    • Durch die Akquisition wird die Deutsche Börse zu einem der weltweit führenden Anbieter von ESG-Daten und Research
    • Das Daten- und Researchgeschäft von ISS ergänzt die Geschäftsaktivitäten der Deutschen Börse entlang der gesamten Wertschöpfungskette; die Übernahme eröffnet beiden Unternehmen zusätzliche Wachstumschancen
    • Um die Unabhängigkeit von Datengeschäft und Research sicherzustellen, bleibt ISS innerhalb der Deutschen Börse eigenständig
    • ISS-CEO Gary Retelny wird das Unternehmen weiterhin leiten

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Neues Buch: Die EZB und die Menschenrechte

Versagt die zentrale Finanzinstitution der EU?

Während Ökonomen darüber streiten, ob die neue EZB-Chefin Christine Lagarde die lockere Geldpolitik ihres Vorgängers Mario Draghi im Interesse der Finanzstabilität und in Richtung 2% Inflation fortsetzen sollte, treibt die Forschungsgruppe Wirtschaft und Finanzen des Weltethos-Instituts an der Universität Tübingen die Frage voran, ob die EZB gerade in dieser Frage im Interesse der ökologischen, sozialen und kulturellen Nachhaltigkeit völlig versagt.

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EZB weigert sich, ethische Kriterien anzuwenden

Verpflichtung der Europäischen Zentralbank auf EU-Grundrechtscharta

Letzte Aktualisierung: 20. Oktober 2020

In den Zulassungskriterien für Wertpapiere und notenbankfähige Sicherheiten für geldpolitische Geschäfte mit der EZB (siehe z.B. Amtsblatt der Europäischen Union L 91/3, 2.4.2015) sind keine Beschränkungen ethischer Art explizit aufgeführt. Die Begriffe „Nachhaltigkeit“ und „Menschenrechte“ kommen in der entsprechenden Leitlinie rein gar nicht vor. Dies wurde zum Anlass genommen, die von der EZB als Kreditsicherheit akzeptierten Wertpapiere erstmals hinsichtlich ethischer Kontroversen zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen eine aus Sicht des Autors inakzeptable Regulierungslücke, da die Wertpapiere mit zahlreichen ethischen Kontroversen in Verbindung stehen , welche der EU-Grundrechtscharta als Mindeststandard nicht gerecht werden. Der Autor entschied sich eine öffentliche Petition beim Europäischen Parlament einzureichen. Die Petition wurde am 08.05.2017 eingereicht und am 15.05.2017 unter der Nr. 0429/2017 mit dem Namen „Verpflichtung der Europäischen Zentralbank auf EU Grundrechtscharta“ registriert.

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Skandalöse Antwort der EZB auf Petition und Offener Brief

Petition Nr. 0429/2017 von Harald Bolsinger zur Übereinstimmung der Europäischen Zentralbank mit der EU-Charta der Grundrechte – Antwort der EZB – Erwidernde Antwort der Weltethos-Forschungsgruppe als Offener Brief

Sehr geehrter Herr Abgeordneter des Europäischen Parlaments,
Sehr geehrte Frau Montserrat,
Vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie die Europäische Zentralbank (EZB) um weitere Informationen zu ihrer Antwort auf die Petition Nr. 0429/2017 von Harald Bolsinger (Deutsch) über die Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) durch die EZB ersuchen. Das vorrangige Ziel der EZB besteht gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „Vertrag“) darin, mittelfristig Preisstabilität zu gewährleisten. Um dieses vorrangige Ziel zu erreichen, stehen der EZB und den nationalen Zentralbanken des Eurosystems eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, die in der Satzung der EZB und des ESZB (im Folgenden „Satzung“) aufgeführt sind. Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern sind eines dieser Kerninstrumente, wie in Artikel 18 der Satzung festgelegt. Die Notenbankfähigkeit von Vermögenswerten als Sicherheiten für solche Kreditgeschäfte richtet sich daher in erster Linie nach Überlegungen hinsichtlich des geldpolitischen Ziels und eines angemessenen Risikomanagements – der Abschirmung des Eurosystems gegen potenzielle Verluste. Das Eurosystem stellt sicher, dass Sicherheiten dem geldpolitischen Ziel dienen und dass das Eurosystem angemessen gegen Risiken geschützt ist, und behält sich das Recht vor, die Mobilisierung bestimmter Sicherheiten zu begrenzen oder abzulehnen. Gemäß Artikel 19 der Satzung und innerhalb der vom Rat nach diesem Artikel festgelegten Grenzen kann das Eurosystem zur Verfolgung der geldpolitischen Ziele von den Kreditinstituten verlangen, Mindestreserven zu unterhalten. Mindestreserven sind nicht besichert, da sie eine Einlage darstellen, die von Kreditinstituten, die den Mindestreservevorschriften des Eurosystems unterliegen, bei ihren jeweiligen nationalen Zentralbanken des Eurosystems getätigt werden. Kein Kontrahent ist aufgrund der Mindestreservepflicht verpflichtet, Sicherheiten zu halten.

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