Umweltaspekte des CETA-Abkommens

Vorsorgeprinzip „nicht hinreichend garantiert“

Umweltausschuss Anhörung zu Tschernobyl Fukushima - Foto © Gerhard Hofmann_Agentur ZukunftUmweltaspekte des Freihandelsabkommens CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) standen am 6.7.2016 laut einer Pressemitteilung so der parlamentseigene Pressedienst „heute im bundestag“ im Mittelpunkt eines öffentlichen Fachgespräches im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. Als Sachverständige geladen waren Christian Tietje, Rechtswissenschaftler von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Thilo Bode (Foodwatch e.V.), Jürgen Maier (Forum Umwelt und Entwicklung) und Christoph Then (Testbiotech e.V.). Während Bode, Maier und Then das Abkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union kritisierten, äußerte sich Tietje weniger skeptisch. Es handle sich um ein „ausgewogenes System von Rechtsregeln“, das einerseits Protektionismus verhindere, andererseits auch klare Regelungen zu Umweltschutzvorschriften beinhalte, sagte der Rechtswissenschaftler.

Bode hingegen sagte, dass CETA der Umwelt nicht nutzen werde. Es handle sich um einen Handelsvertrag der „neuen Generation“, bei dem es nicht mehr um die Verringerung von Zöllen und Subventionen gehe, sondern um den Abbau nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Dazu gehörten auch Umweltstandards, deren „Beseitigung“ in internationalen Handelsverträgen angestrebt werde. Er gehe zwar nicht davon aus, dass durch CETA Umweltstandards unmittelbar abgesenkt würden. Weitere aus seiner Sicht notwendige Verbesserungen von Standards im Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutzbereich würden aber durch das Abkommen „erheblich erschwert“, kritisierte Bode. Das Vorsorgeprinzip, das ein „elementares Regulierungsprinzip der EU“ und im Primärrecht verankert sei, werde bei CETA zudem „nicht hinreichend garantiert“. Es fehle Rechtssicherheit, sagte Bode.

Stärkung der industrialisierten, weltmarktorientierten Landwirtschaft

Maier konzentrierte sich in seinen Ausführungen vor allem auf die möglichen Auswirkungen des Abkommens auf die Landwirtschaft. CETA gehe in die „vollkommen falsche Richtung“, da das Übereinkommen zu einer Stärkung der industrialisierten, weltmarktorientierten Landwirtschaft führen werde. Dies entspräche nicht den Vorstellungen der Verbraucher, die vielmehr eine regionale, bäuerliche Landwirtschaft bevorzugten. Konkret warnte Maier davor, dass durch CETA einerseits der europäische Rindfleischmarkt „kaputt“ gemacht würde, da er für Importe aus Kanada geöffnet werde, wo die Rinderzucht bereits industrialisiert sei. Anderseits seien negative Auswirkungen für den wesentlich regulierteren kanadischen Milchmarkt durch europäische Exporte zu erwarten. „Die Weltmarktorientierung führt in die Sackgasse“, sagte Maier.

Then problematisierte CETA und das aktuell noch in Verhandlung stehende Abkommen TTIP in Hinblick auf Gentechnik. „Da kommen Dinge auf uns zu, die wir noch nicht gesehen haben“, warnte Then. Es sei von einer „starken Einschränkung“ des Vorsorgeprinzips auszugehen. Die Regulierungssysteme Nordamerikas und Europas seien „nicht kompatibel“. So werde im Bereich gentechnisch veränderter Organismen in Kanada vieles nicht erfasst und es sei unklar, welche Eigenschaften die Organismen hätten. „Wenn man die Standards im Vorsorgeprinzip schützen will, kann man CETA nicht unterzeichnen“, sagte Then.

„Substantielle Fortentwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit“

Tietje verwies hingegen darauf, dass das Vorsorgeprinzip im Vertragstext explizit genannt werde. Ohnehin sei dieses auch in Europa keine „abschließende Rechtsregel“, sondern eine „Leitmaxime“, die in Abwägung einer konkreten Situation zu sehen sei. In Hinblick auf die in CETA vorgesehene Schiedsgerichtsbarkeit betonte Tietje, dass dabei gerade in Hinblick auf Umweltstandards und regulative Maßnahmen „große Fortschritte“ erzielt worden seien. Es handle sich um eine „substantielle Fortentwicklung“, sagte Tietje. (hib/SCR)

->Quelle: https://www.bundestag.de/presse/hib/201607/-/434630