Paris will TTIP stoppen – Gabriel eiert

„Keine politische Unterstützung in Frankreich mehr für diese Verhandlungen“

Sigmar Gabriel am 15.11.2013 in Leipzig © Gerhard Hofmann_Agentur ZukunftZuerst hatte Wirtschaftsminister Gabriel (im ZDF-Sommer-Interview)  TTIP für gescheitert erklärt (dafür aber – wie sein Außenminister Frank-Walter Steinmeier tags darauf in der ARD – CETA gelobt) , nun legte die französische Regierung nach: Paris will die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen stoppen. Schuld am Scheitern seien die USA.„Es gibt keine politische Unterstützung in Frankreich mehr für diese Verhandlungen“, Matthias Fekl - Foto © governement.frsagte der für das Abkommen zuständige französische Außenhandelsstaatssekretär Matthias Fekl am 29.08.2016 im Radiosender RMC. In Frankreich wachsen seit Monaten die Zweifel daran, dass der Vertrag so zustande kommt, wie die EU das fordert; Präsident François Hollande hatte schon drei Monate zuvor mit der Ablehnung des Abkommens gedroht.


Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte gesagt,  TTIP sei „de facto gescheitert, weil wir uns den amerikanischen Forderungen natürlich als Europäer nicht unterwerfen“ dürften. Schuld sei die harte Verhandlungslinie der USA: „Da bewegt sich nichts“. Damit hatte er sich Kritik von Wirtschaftsverbänden sowie vom Koalitionspartner Union eingehandelt.

„Wie geht es nun mit TTIP weiter?“ fragt die FAZ am 30.08.2016 und beantwortet eine selbst gestellte Frage: „Ist das Abkommen tatsächlich am Ende? Nicht unbedingt.“ Denn für fast alle 27 TTIP-Kapitel lägen laut EU Textvorschläge vor. Umfassende Dokumente halten notfalls – auch per Auflistung gegensätzlicher Positionen – den Stand der einzelnen Punkte fest. Der BBDI kritisiert Gabriel, es sei normal, dass in komplexen Verhandlungen wichtige Punkte erst am Ende auf den Tisch kämen.

Trojanisches Pferd der TTIP-Gegendemonstranten vor Willy-Brandt-Haus Berlin - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftNach der politischen Sommerpause gehen die Gespräche laut FAZ in die heiße Phase. Gerade den USA dränge die Zeit. Denn die Amtszeit von Präsident Barack Obama endet im November, und im Wahlkampf hat das Thema TTIP einen schweren Stand.  Umstritten sind die  Schiedsgerichte für Streitfälle zwischen Unternehmen, Investoren und Staaten. Theoretisch könnten sie Firmen Schadenersatz (selbst für künftig zu entgehen drohende Gewinne!) gegen Regierungen zusprechen, wenn sich zeige, dass sie ungerechtfertigt unter politischen Entscheidungen litten. Die EU hat eine Reform des Systems vorgeschlagen – was die Vereinigten Staaten ablehnen. Unklar sei auch, wie das Vorsorgeprinzip in der EU in TTIP verankert werden solle. Demnach könnten Produkte bei möglichen Gesundheitsgefahren auch ohne wissenschaftliche Beweise vorsichtshalber vom Markt genommen. In den Vereinigten Staaten sei dafür hingegen ein Nachweis nötig.

Union und USA widersprechen

Bei CDU und CSU hält man Gabriels Aussage für ein Wahlkampfmanöver – sprich: Er wolle das in seiner Partei umstrittene TTIP opfern, um CETA zu retten. Auch die US-Regierung widerspricht: Sie will trotz aller Probleme weiter verhandeln. In Washington ist man ziemlich irritiert über Gabriels Vorpreschen zu den Aussichten des angestrebten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. Der Sprecher des US-Handelsbeauftragten Michael Froman sagte Spiegel Online, die Verhandlungen machten „in Wahrheit ständig Fortschritte“. Es liege in der Natur von Handelsgesprächen, dass nichts vereinbart sei, bis alles vereinbart sei. „Insofern ist es nicht im Geringsten überraschend, dass einzelne TTIP-Kapitel noch nicht förmlich beschlossen worden sind“. Der Handelsbeauftragte werde sich wie geplant zur nächsten Verhandlungsrunde Mitte September mit seinem EU-Kollegen treffen.

Gabriel legt nach

Die Vereinigten Staaten seien nicht bereit, Kompromisse zu machen, sagte der SPD-Vorsitzende am 30.08.2016 in Berlin. Selbst den Mindestforderungen der EU seien die USA nicht entgegengekommen, erklärte Sigmar Gabriel. Aus seiner Sicht hätten die amerikanischen Verhandlungspartner TTIP damit aktiv beendet. Er gehe auch davon aus, dass bei einer Wiederaufnahme der Verhandlungen nach den US-Präsidentschaftswahlen Ende des Jahres die EU ein verändertes Mandat brauche. Es könne nicht sein, dass die USA einzelne Aspekte ganz ausklammern wollten.

Gabriels Wackelkurs

Während Gabriel am Wochenende noch davon gesprochen hatte, dass TTIP „de facto gescheitert“ sei, gab er dem Abkommen am 30.08.2016 plötzlich doch wieder eine Chance. „Eine Einigung in diesem Jahr ist eine reine Fiktion“, erklärte Gabriel. Nach der US-Wahl könne das Freihandelsabkommen aber durchaus „wieder auf die Tagesordnung“ kommen, so der Wirtschaftsminister, möglicherweise mit einem „neuen Verhandlungsmandat“. (taz.de)

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