Beiträge der Kategorie: Externalisierung

Klimarisiken für Finanzwelt begrenzen

Zentralbanken und Wissenschaft veröffentlichen Szenarien

Noch nicht sonderlich grün: Frankfurter Bankenviertel über Hauptbahnhof – Foto © Gerhard Hofmann für EÖR-Blog

Mehr als 90 Zentralbanken haben sich einer Medienmitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) vom 07.06.2021 zufolge mit der Wissenschaft zusammen getan, um das Management von Klimarisiken im Finanzsektor zu verbessern. Gemeinsam veröffentlichten Forscher und Finanzexperten des „Network for Greening the Financial System“ (NGFS) eine neue Reihe von Szenarien eines geordneten Übergangs, eines verzögerten Übergangs, und eines Versagens der Klimapolitik.

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Der wahre Spritpreis

Benzin müsste um 90 Cent höher liegen, wenn Externalisierung offengelegt würde

Laut ADAC war 2014 das seit langem günstigste Tankjahr. Das Überangebot von Fracking-Erdöl aus den USA, hartnäckig weiter fördernde Ölländer wie Saudi-Arabien und die insgesamt geringe globale Nachfrage sind die Gründe für den Preisrutsch an den Zapfsäulen. Doch ist dieser Preis ehrlich? Das Online-Magazin Green Wiwo berichtet über eine Modellberechnung des US-Wissenschaftlers Drew T. Shindell von der Duke Nicholas School of the Environment, der zufolge Sprit wesentlich teurer sein müsste.

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EU-Klima-Taxonomie als weltweit erstes System zur einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten

EU stärkt mit „Klima-Taxonomie“ Transparenz für nachhaltige Investitionen

Die EU-Kommission schafft mit der Klima-Taxonomie weltweit ein erstes System zur einheitlichen Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten. Grüne Investitionen sollen dadurch Schub erhalten. DIW-WissenschaftlerInnen begrüßten am 16.12.2020 die Taxonomie als Instrument für mehr Transparenz – Schwellenwerte stehen aber nicht immer in Einklang mit Ziel der Klimaneutralität.

Die EU will nachhaltige Investitionen stärken und entwickelt dafür erstmals einheitliche Kriterien für klimaverträgliche Wirtschaftsaktivitäten, die sogenannte EU-Taxonomie. Mit deren Hilfe sollen Investitionen in „grüne“ Projekte gelenkt werden, um so die Europäische Union ihrem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 näher zu bringen. ÖkonomInnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) haben die Taxonomie unter die Lupe genommen. Sie gehen von einer guten Wirksamkeit aus.  Allerdings sehen sie in einigen Punkten auch Nachbesserungsbedarf: Nicht in allen Wirtschaftszweigen, wie etwa der CO2-intensiven Industrie, sind die derzeit diskutierten Kriterien ausreichend. Als wichtige Stellschraube sehen die ExpertInnen Franziska Schütze, Jan Stede, Marc Blauert und Katharina Erdmann in der Taxonomie festgeschriebene sektorspezifische Schwellenwerte für Emissionen, die bislang noch nicht vollumfänglich mit Klimaneutralität vereinbar sind. weiterlesen

Im Finanzausschuss: „Warnung vor Belastung durch Sustainable Finance“

Viele verharren im Gestern

Vertreter mehrerer Fraktionen haben im Finanzausschuss vor zu hohen Belastungen des Mittelstands durch eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeitskriterien im Rahmen von „Sustainable Finance“ gewarnt – so jedenfalls der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag. In der Sitzung des Ausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) berichtete am 16.12.2020 der Leiter des Sustainable Finance-Beirates der Bundesregierung, Karsten Löffler, über die Arbeit des Gremiums. Löffler erklärte, der aus 38 Mitgliedern aus Finanzwirtschaft, Realwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie Beobachtern aus Verbänden und Bundesbank bestehende Beirat wolle der Bundesregierung im Februar 2021 seinen Bericht mit Empfehlungen zur Strategieentwicklung vorlegen. Die Finanzwirtschaft habe großes Interesse an der Schaffung europäischer Standards zur Sustainable Finance. Deutschland müsse sich auf europäischer Ebene stärker einbringen, forderte Löffler. Eine Reihe von Nachbarländern hätten ihre Strategien bereits veröffentlicht. Sustainable Finance sei kein Selbstzweck, sondern solle den Finanzsektor in die Position bringen, die Transformation der Wirtschaft „bestmöglich zu begleiten und zu finanzieren“. weiterlesen

Viable World: Zusammenleben im Gemeinsamen Haus der Erde

von Jürgen Scheffran und Eberhard Schürmann

Dieser im Augustheft von Blickpunkt Zukunft veröffentlichte Beitrag ist dem Hamburger Physiker Gerhard Knies (10. Juli 1937 – 11.Dezember 2017) gewidmet. Er hatte sich zunächst mit großem Engagement für die Verbreitung von Erneuerbaren Energien eingesetzt (von ihm stammt der Begriff DESERTEC – Strom aus der Wüste). Auf ihn geht die Initiative des Viable World Design Network zurück, das Ende 2014 gegründet wurde. Die beiden Autoren haben in diesem Netzwerk mit ihm an vielen Diskussion teilgenommen, aus denen einige der hier vorgestellten Überlegungen hervorgingen, die in Konzeptpapieren zusammengefasst wurden, auf die hier u.a. Bezug genommen wird. Einige Aspekte wurden auch bei der gemeinsamen Tagung des Netzwerks mit der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler (VDW) im Dezember 2018 über „Viable World: Gangbare Wege in eine lebensfähige und lebenswerte Welt“ in Hamburg diskutiert.

Die heutigen knapp 7,8 Milliarden Menschen überziehen die ökologische Leistungsfähigkeit der Erde um etwa die Hälfte. Zugleich wird die Bewohnbarkeit unserer Erde weniger durch das fortwährende Bevölkerungswachstum reduziert, sondern vielmehr wegen der Ideologie des ständigen Wirtschaftswachstums sowie der Krisenerscheinungen und Kämpfe von Nationalstaaten um Ressourcen und Macht, die die soziale und ökologische Selbstzerstörung der Menschheit vorantreiben. Bei einem klügeren Umgang mit der Erde könnte die Menschheit deren Bewohnbarkeit verbessern. Dafür bedarf es einer gemeinsamen Strategie für eine lebensfähige und lebenswerte Welt im gemeinsamen Hause der Erde, im Kontext einer Welt-Innenpolitik. Wenn die Menschheit jetzt beginnt, mit künftigen Generationen und den natürlichen Lebensgrundlagen zusammenzuleben (zu cohabitieren), und wenn sie aufhört, Krieg zu führen, kann sie überleben.

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BMU/UBA: Umweltschutz in Gesetz zu globalen Lieferketten integrieren

UBA-Studie zeigt Möglichkeiten für unternehmerische Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz

Um nachhaltigere globale Wertschöpfungsketten zu erreichen, empfiehlt eine Studie einen gesetzlich verankerten systematischen Ansatz zur Risikofrüherkennung, Maßnahmenumsetzung und Berichterstattung durch die Unternehmen – so eine gemeinsame Medienmitteilung des Bundesumweltministeriums mit dem Umweltbundesamt vom 27.07.2020. weiterlesen

Reiseführer durch die sozioökonomische Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Gastbeitrag von Franz Baumann

Karl Polanyis 1944 erschienener Klassiker Die große Transformation wird wiederentdeckt, weil sich herumspricht, dass ein schwacher Staat und eine marktradikale, nur auf oberflächliche Effizienz setzende Wirtschaft keine krisenfeste Formel ist – sondern ein ideologisches Konstrukt, in welchem Wissenschaftsfeindlichkeit ein verlässlicher Gradmesser von Regierungsinkompetenz ist, wie unser Gastautor in New York aus nächster Nähe beobachten kann. Das eben erschienene Buch Zukunftsfähiges Wirtschaften von Andreas Novy, Richard Bärnthaler und Veronika Heimerl ist eine von Polanyi inspirierte Einführung in die zentralen Fragen der Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Ökonomie unter dem Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit. „Zukunftsfähiges Wirtschaften“ bettet heutige Herausforderungen in historische Zusammenhänge ein. weiterlesen

Von der Corona-Krise zur nachhaltigen Wirtschaft

Was zukunftsorientierte Politik jetzt leisten muss
Text: Reinhard Loske | Gastbeitrag auf – agora42.de/corona-krise-und-nachhaltigkeit-reinhard-loske

Reinhard Loske – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Spricht man dieser Tage mit Menschen, denen Klimaschutz und umfassende Nachhaltigkeit als zentrale Herausforderungen besonders am Herzen liegen, begegnen einem nicht selten sorgenvolle Mienen und düstere Prognosen. Wenn die Corona-Pandemie erst unter Kontrolle sei, werde die Politik wieder alles daransetzen, das ressourcenverschlingende Wirtschaftswachstum auf jede nur erdenkliche Weise anzukurbeln. Dabei drohten ökologische Ziele einmal mehr unter die Räder zu kommen, so wie schon nach der Finanzkrise 2008.

Man kann diese Befürchtung hegen. Sie ist nicht aus der Luft gegriffen. Schon melden sich gegen alle Vernunft wieder Protagonisten, die eine klimapolitische Atempause, das Abschwächen von Regeln für Luftreinhaltung, Natur- und Wasserschutz oder die Aussetzung von Bürgerbeteiligungsrechten bei Umwelteingriffen vorschlagen, damit die Konjunktur nach der Krise schnell wieder „anspringen“ und dann „brummen“ kann. Ganz vorne dabei wie immer Lobbyisten und Populisten.

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Hedgefonds attackieren verstärkt besonders umweltbewusste Konzerne

Wetten auf fallende Kurse

Während normale Kleinanleger Aktien kauft, deren Wert zu steigen verspricht, suchen manche Hedgefonds und große Anleger das Gegenteil, indem sie auf fallende Kurse wetten. Indem sie nach überbewerteten Aktien suchen, haben sie jetzt neue Ziele gefunden, schreibt Christoph Sackmann am 19.12.2019 im Portal Focus Money Online/ Finanzen 100: Konzerne, die als besonders umweltbewusst und sozial verantwortlich gelten. 31 Billionen Dollar – rund ein Viertel aller Investitionen – seien weltweit in Aktien von angeblich nachhaltig agierenden Konzernen investiert. Doch Konzerne, die sich selbst umweltbewusst und sozial verantwortlich gäben, seien oft Truggebilde. Hedgefonds hätten die schwarzen Schafe jetzt ins Visier genommen.

Die so genannten ESG-Kriterien („Environmental, Social and Governance“) geben an, wie nachhaltig ein Unternehmen arbeitet, will heißen, wie umweltfreundlich es arbeitet, wie viele Abgase emittiert werden, wie es um Arbeitssicherheit und Diversität steht und ob sich der Konzern auch in seiner Lieferkette für Menschenrechte und gute Arbeitsbedingungen einsetzt. Diese Kriterien seien in den vergangenen Jahren an den Börsen immer wichtiger geworden, so Sackmann. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Analystenberichte („Schurken oder Visionäre? Hedge-Fonds lehnen Unternehmen ab, die sie als ‚Greenwash‘ bezeichnen“). Entsprechend trauen viele Hedgefonds-Manager diesen, von Agenturen erstellten Ratings nicht mehr. „Wenn die Dinge gut laufen, berichten Konzerne sehr gerne darüber, wenn es nicht so gut läuft, dann wird es unheimlich still“, sagt etwa Diederik Timmer, Geschäftsführer von Sustainalytics, einer holländische ESG-Rating-Agentur.

Aktien mit hoher Nachhaltigkeitspunktzahl schneiden dennoch oft  gut ab, weit besser als „böse“ Ölkonzerne, Waffenhersteller ode Tabak-Konzerne.

„Das Greenwashing ist absolut zügellos“, stellt Chad Slater vom Hedgefonds Morphic Asset Management aus Sydney trocken fest, aber für einen Short-Trader sei das interessant. Denn „grün gewaschene“ Aktien stiegen dann stärker als sie sollten, seien also schnell überteuert. Genau darauf haben es die Hedgefonds abgesehen. Eine Auswertung von Reuters zeigt, dass in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien die Aktien von Konzernen mit den höchsten ESG-Ratings mehr Short-Käufer angelockt haben als die mit den niedrigsten ESG-Ratings. Außerdem sind die einzelnen Short-Positionen im Schnitt um 50 Prozent größer.

->Quelle und vollständiger Artikel: focus.de/wette-auf-fallende-kurse-der-hype-um-nachhaltigkeit-laesst-zocker-gute-geschaefte-wittern

EZB im Green Deal – zur Nachhaltigkeit verpflichtet!

Lagarde kann sofort beginnen, während andere Akteure zunächst Gesetze benötigen
Plädoyer von Prof. Harald Bolsinger, Würzburg

Zahllose offene Briefe, Stellungnahmen von Verbänden und Demonstrationen aufgebrachter Bürger*innen forderten und fordern immer noch von der EZB, bei ihrer Finanzmarktpolitik ganzheitliche Nachhaltigkeit walten zu lassen. Mario Draghi hat das während seiner gesamten Amtszeit aktiv ignoriert. Eine geeinte Bewegung, die sich politisch auch jenseits von öffentlichen Wunschbekundungen, Demos und Parteigezänk einbringt, fehlt uns aber immer noch. Doch sie ist dringend nötig, um das umzusetzen, was Europa dringend braucht – und was bereits gilt!

Das Thema ist extrem einfach: Die EZB muss heute schon gesellschaftspolitische Faktoren in ihrer Portfoliopolitik und ihrem gesamten Kerngeschäft zwingend berücksichtigen. Auch die ewige gleiche Argumentation – angefangen von Herrn Weidmann über unzählige finanztechnokratisch geprägte Akademiker*innen mit Professorenhut bis hin zu Politiker*innen ohne Grundwissen über ihre eigene EU-Ordnungspolitik – ändern daran nichts! Das Märchen von der scheinbar verwirklichbaren geldpolitischen Neutralität wird dadurch auch nicht wahrer.

Die EZB hat als EU-Institution eine weltweit einzigartige Stellung unter den Zentralbanken inne. Die Verträge von Lissabon machen die EU-Charta der Grundrechte zu direkt anwendbarem Primärrecht in allen europäischen Institutionen. Also auch für die EZB! Alle Tätigkeiten der EZB als europäischer Institution müssen daher den kodifizierten Werten der Charta der Grundrechte entsprechen – daran ändert auch die viel beschworene Unabhängigkeitsdefinition im Vertrag über die Funktionsweise der Europäischen Union nichts. Dies ist der nüchterne ordnungspolitische Rahmen, der bereits gilt! Und das ist ein Segen! weiterlesen