Beiträge der Kategorie: Wirtschaftsethik

Relektüre von Jacksons „Wohlstand ohne Wachstum“

„Mehr Spaß mit weniger Zeug“

Als Tim Jacksons Buch Wohlstand ohne Wachstum vor sechs Jahren zum ersten Mal erschien, entwickelte es sich schnell zum Standardwerk, zur „Bibel der Wachstumskritik“. Jacksons brisante Diagnose lautete: „Unsere gesamte Wirtschaftsordnung baut auf ewigem Wachstum auf – aber nun brauchen wir einen anderen Motor“ – und daran hat sich bis heute nichts geändert – so der Einladungstext der Heinrich-Böll-Stiftung, die das Buch am 19.07.2017 in Berlin präsentierte.

Barbara Unmüßig und Tim Jackson bei Buchpräsentation – Foto © Gerhard Hofmann

Das Buch bietet eine aktuelle Analyse der Auswirkungen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrisen, des ungebrochenen Strebens nach Wachstum und schildert Chancen und Herausforderungen einer Postwachstumsgesellschaft, welche die ökologischen Grenzen unseres Planeten nicht überschreitet und trotzdem im Wohlstand lebt. weiterlesen

Finanztransaktionssteuer auf Eis gelegt

Macron will nicht – dafür gemeinsamer Kampfjet

Proteste für die Transaktionssteuer gibt es schon lange. Seit 2014 wird sie in der EU ernsthaft verhandelt. Jetzt liegt sie auf Eis, wie Steffen Stierle auf EURACTIV.de schreibt.Die seit Jahren angekündigte Finanztransaktionssteuer (FTS) wird vorerst nicht kommen – weil Präsident Macron britische Banken nach Frankreich locken will.

Stattdessen wollen Deutschland und Frankreich einen europäischen Kampfjet entwickeln: Am 13.07.2017 reiste Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Kabinett zum deutsch-französischen Ministerrat nach Paris. Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs unterhielten sich unter anderem über gemeinsame Vorhaben wie eine europäische Verteidigungspolitik und Initiativen für mehr Investitionen in Europa. Beide Länder wollen langfristig gemeinsam einen neuen europäischen Kampfjet entwickeln, der den von der Bundeswehr verwendeten Eurofighter und die französischen Maschinen vom Typ Rafale ersetzen soll.

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Zwischenbericht der High-Level Expert Group on Sustainable Finance (HLEG)

Grundsätzlich begrüßenswerte Empfehlungen in punkto Anspruch und Entschlusskraft ausbaufähig – CRIC bringt sich in den Dialogprozess ein.

Zwischenbericht der High-Level Expert Group on Sustainable Finance - TitelDie Europäische Kommission hat eine Fachgruppe damit beauftragt, Empfehlungen zu Sustainable Finance zu erarbeiten, die nun als Zwischenbericht vorliegen. Dieser enthält begrüßenswerte Vorschläge, fällt jedoch insgesamt etwas halbherzig aus. So liegt der Fokus auf dem Klimawandel, weitere Umweltthemen rangieren auf Platz zwei, und bei sozialen Themen fehlt es fast gänzlich an Konkretem. Insgesamt mangelt es an einem umfassenden Nachhaltigkeitsverständnis. In den finalen Bericht sollen die Antworten aus einer Befragung einfließen, an der sich auch CRIC beteiligt hat.

Am 13. Juli hat die High-Level Expert Group on Sustainable Finance (HLEG) ihren Zwischenbericht Financing a Sustainable European Economy vorgelegt. Die aus 20 Fachleuten bestehende Gruppe war Ende vergangenen Jahres von der EU-Kommission eingesetzt worden, um eine übergreifende und umfassende Strategie zu Sustainable Finance inklusive konkreter Empfehlungen zu erarbeiten. Bis zum 20. September konnten sich Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen über einen Fragebogen in die Debatte einbringen. Die Beiträge – darunter auch derjenige von CRIC – fließen nun in den Diskussionsprozess der HLEG ein. Der Abschlussbericht soll im Dezember 2017 veröffentlicht werden.

Die 69 Seiten starke Publikation beinhaltet Themen wie Barrieren für einen nachhaltigen Finanzmarkt, Offenlegungspflichten, Treuhänderische Pflichten und verwandte Konzepte, Governance und Reporting, Indizes und Benchmarks sowie Rechnungslegungsstandards und untersucht verschiedene Marktakteure, etwa Banken, Asset-Manager, Pensionsfonds und Versicherungen. Ein Kapitel ist der Mobilisierung von Kapital für eine nachhaltige Wirtschaft gewidmet. Durch den Zwischenbericht zieht sich als zentrale Frage, wie auf Basis langfristiger Szenarien getroffene Investitionsentscheidungen gefördert und die herrschende Kultur der Kurzfristigkeit überwunden werden kann.

Die HLEG formuliert am Ende des Berichts acht erste Empfehlungen und weist zwölf Bereiche zur weiteren Diskussion aus.

Die acht Empfehlungen lauten:

  1. Ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Anlagen entwickeln
  2. Einen europäischen Standard bzw. ein Siegel für Green Bonds und andere nachhaltige Assets schaffen
  3. Klarstellen, dass treuhänderische Pflichten Nachhaltigkeit umfassen
  4. Anforderungen an Berichtspflichten zu Nachhaltigkeit stärken
  5. Einen Nachhaltigkeitstest für die EU-Finanzgesetzgebung einführen
  6. Eine Agentur Sustainable Infrastructure Europe gründen, um Kapital in nachhaltige Projekte zu lenken
  7. Die Rolle der europäischen Aufsichtsbehörden bei der Bewertung von ESG-bezogenen Risiken stärken
  8. Investitionen in Energieeffizienz durch verbesserte Rechnungslegungsstandards fördern.

Die zwölf Bereiche zur weiteren Diskussion umfassen:

  1. Politische Langfristsignale für den privaten Sektor
  2. Governance von Unternehmen und Finanzinstitutionen
  3. Die Integration von Nachhaltigkeit in Ratings
  4. Die Häufigkeit von finanziellen Reportings
  5. Rechnungslegungs-Standards bzw. -Systeme
  6. Benchmarks
  7. Banking
  8. Versicherungen
  9. Börsen und Green Finance Hubs
  10. Eine starke Pipeline von nachhaltigen Investment-Projekten
  11. Beteiligung der Gesellschaft am Thema nachhaltige Finanzen
  12. Soziale Dimensionen

Die Einsetzung der Fachgruppe durch die Europäische Kommission, die HLEG selbst, ihre im Zwischenbericht formulierte Strategie und die daraus resultieren Empfehlungen, Vorschläge und identifizierten Themenbereiche sind grundsätzlich begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleibt der Bericht oftmals sehr vage und fällt in punkto Anspruch und Entschlusskraft hinter das zurück, was angesichts der vielfachen sozialen und ökologischen Herausforderungen in der EU und über deren Grenzen hinaus geboten und notwendig ist. Insbesondere mangelt es dem Zwischenbericht an:

  1. Einem umfassenden und ambitionierten Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Verständnis, das über das Materialitäts-Konzept hinausweist
  2. Maßnahmen mit Blick auf soziale Herausforderungen
  3. Konzepten für den Bereich Bildung und Weiterbildung
  4. Einer angemessenen Berücksichtigung relevanter institutioneller Investoren (Asset Owner), der Privatanleger, der Erfahrungen von Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen, weiteren spezialisierten Organisationen und NGOs
  5. Einer kritischen Reflektion der Risiken von öffentlich-privaten Partnerschaften
  6. Einer Analyse der Chancen von Fintech

Zu a) Der Bericht enthält keine explizite und vor allem keine umfassende – das heißt soziale, ökologische und kulturelle Aspekte berücksichtigende – Definition von Nachhaltigkeit. Meist werden klimarelevante Kriterien klar priorisiert, in einem zweiten Schritt folgen an einigen Stellen weitere Umweltaspekte, während soziale Themen vernachlässigt werden. Zwar ist angedacht, eine Definition bzw. ein Klassifikationssystem zu erarbeiten, dieses soll sich jedoch zunächst auf das Thema Klimawandel beschränken.

Bezieht sich der Bericht auf den Dreiklang ESG (kurz für Environment, Social, Governance), geht es in erster Linie um Risiken und Chancen im Investment- und Kreditvergabe-Prozess. Dies bedeutet, dass ausschließlich für die finanzielle Performance relevante bzw. wesentliche ESG-Aspekte Berücksichtigung finden (Materialitäts-Konzept). Alle anderen bleiben außen vor, was in einer Wirtschaft, die nach wie vor negative externe Effekte im großen Ausmaß erzeugt, zu kurz greift. CRIC setzt sich seit seiner Gründung dafür ein, Investment-Entscheidungen nicht nur nach finanziellen Aspekten auszurichten, sondern insbesondere deren Kultur-, Natur- und Sozialverträglichkeit in den Fokus zu nehmen.

Des Weiteren werden langfristig ausgerichtete Investments im Gegensatz zu kurzfristigen per se als nachhaltig angesehen. Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass unter den aktuellen ökonomischen Bedingungen auch langfristige Strategien dem Menschen und der Umwelt schaden können. Bei negativen Wirkungen fallen langfristige Ansätze sogar noch verheerender aus als kurzfristige.

Die HLEG sollte ihre Strategie auf einem ambitionierten Nachhaltigkeitskonzept aufbauen, das ökologische, soziale und kulturelle Aspekte umfassend berücksichtigt und dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung Priorität vor finanziellen Erwägungen einräumt.

Zu b) Wie bereits mit Blick auf das Nachhaltigkeitskonzept angeklungen, berücksichtigt der Bericht soziale Aspekte nur am Rande. So sind keine konkreten Empfehlungen enthalten, wie soziale Herausforderungen – etwa Arbeitslosigkeit, Ungleichheit und Missstände im Bildungssystem – adressiert werden können. An einigen Stellen wird angeführt, zunächst sollten sich die Bemühungen auf ökologische und vor allem klimarelevante Ansätze konzentrieren, da hier bislang die größten Fortschritte erzielt worden seien. Diese Argumentation verkennt jedoch die Dringlichkeit der Aufgaben im sozialen Bereich und die potentiellen arbeits- und menschenrechtlichen Auswirkungen von Klima- und Umweltprojekten. Zudem kann auch hier auf vielfachen Vorarbeiten und Erfahrungen aufgebaut werden, beispielsweise mit Social Impact Investment oder Social (Impact) Bonds.

Die HLEG sollte die soziale Dimension von Beginn in allen Bereichen ihrer Strategie systematisch berücksichtigen und hierbei auf bestehenden Prozessen, Strategien, Dienstleistungen, Standards und Produkten aufbauen.

Zu c) Zweifellos kommt dem Bereich der Bildung und Weiterbildung mit Blick auf die Entwicklung eines nachhaltigen Finanzmarkts eine Schlüsselrolle zu. Hierfür ist es nicht nur erforderlich, das Thema Nachhaltigkeit und Finanzen auf allen Ebenen des Bildungssystems – in Schule, Ausbildung und Universität – zu verankern. Von entscheidender Bedeutung ist vielmehr auch die kontinuierliche Weiterbildung der Menschen im Finanzsystem selbst – von den Investoren, über das Bankenpersonal bis hin zu den Vermögensverwaltern, finanznahen Dienstleistern und Finanzberatern. Notwendig sind darüber hinaus Konzepte zur Bewusstseinsbildung bei Privatanlegern und in der Gesellschaft insgesamt, um den für eine nachhaltige Entwicklung notwendigen Kulturwandel einleiten zu können. Während der Bericht Letzteres zumindest andiskutiert, wird der Bereich Bildung und Weiterbildung bestenfalls gestreift.

Die HLEG sollte das Thema Bildung und Weiterbildung explizit in ihrer Strategie berücksichtigen und konkrete Schritte vorschlagen, die der Bedeutung dieses Bereichs für eine nachhaltige Finanzwirtschaft und der Größenordnung der erforderlichen Maßnahmen Rechnung tragen.

Zu d) Der Zwischenbericht untersucht folgende Akteure des Finanzsystems: Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Kredit-Rating-Agenturen, Börsen und Green Finance Hubs. Damit lässt die HLEG wichtige institutionelle Investoren außer Acht. Zu diesen zählen beispielsweise Universitäten und wissenschaftliche Einrichtungen, Unternehmen in ihrer Rolle als Investoren, Stiftungen und kirchliche oder karitative Einrichtungen. Daneben fehlt eine Analyse des Beitrags und der Erfahrungen der Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen, spezialisierten Organisationen wie zum Beispiel CRIC sowie von NGOs. Auch auf Privatanleger sollte umfassender eingegangen werden, als dies bislang der Fall ist.

Die HLEG sollte alle relevanten institutionellen Investoren, Privatanleger, die Nachhaltigkeits-Rating-Agenturen sowie spezialisierte Organisationen und NGOs analysieren und deren Potenzial bzw. Beitrag für eine nachhaltige Finanzwirtschaft im Rahmen der Strategie umfassend berücksichtigen. 

Zu e) Die HLEG empfiehlt eine Agentur Sustainable Infrastructure Europe einzurichten mit dem Ziel, öffentlich-private Partnerschaften für die Finanzierung von Infrastruktur zu fördern und zu erleichtern. Dies kann eine sinnvolle Maßnahme sein, um zusätzliche Gelder für nachhaltige und langfristig ausgerichtete Infrastruktur-Investments zu generieren. Jedoch sollten hierbei auch die bisherigen Erfahrungen mit öffentlich-privaten Partnerschaften zunächst reflektiert und dann angemessen berücksichtigt werden. Beispielsweise sollte erwogen werden, Machbarkeitsstudien als verpflichtend zu definieren, die die wirklichen Kosten der finanzierten Projekte im Zeitverlauf erfassen. Insgesamt sollte auf die Offenlegung von Informationen und Transparenz – insbesondere im Hinblick auf die Kosten für die öffentliche Hand sowie die Bürgerinnen und Bürger – großen Wert gelegt werden.

Die HLEG sollte bei der Konzeption von Sustainable Infrastructure Europe und bei der Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften bisherige Erfahrungen mit diesem Instrument berücksichtigten und großen Wert auf die Offenlegung von Informationen und Kostentransparenz legen.

Zu f) FinTech bietet mit Blick auf Themen wie Kunden- und Nutzerfreundlichkeit, Transparenz, verbesserten Zugang zu Kapital, optimierte Risiko-Managementsysteme, Dezentralisierung, finanzielle Inklusion etc. vielfache Chancen für eine soziale und ökologische Entwicklung. Gerade weil sich dieser Bereich derzeit noch in einer frühen Phase befindet, ist der Zeitpunkt günstig, um durch gezielte Förderung und Bewusstseinsbildung Impulse in Richtung Nachhaltigkeit zu setzen. Vor diesem Hintergrund muss es überraschen, dass dieses Thema im Zwischenbericht kaum Erwähnung findet.

Die HLEG sollte sich explizit mit den Potenzialen von FinTech für eine nachhaltige Entwicklung befassen und entsprechende Maßnahmen in ihre Strategie aufnehmen.

Auch andere Akteure teilen die Einschätzung, dass es dem Zwischenbericht an einem umfassenden Nachhaltigkeitsverständnis mangelt und der Fokus auf den Klimawandel zu Lasten sozialer und weiterer ökologischer Bereiche zu gehen droht. In diesem Sinne äußern sich die NGOs Friends of the Earth, Global Witness und Share Action in einer Stellungnahme und SOMO (Centre for Research on Multinational Corporations), selbst in der HLEG vertreten, in einem Kommentar. Sie sehen ein klares Bekenntnis zur Begrenzung der Erderwärmung und konkrete Maßnahmen zwar zweifellos als geboten und begrüßenswert an, befürchten jedoch, andere drängende Fragen könnten auf der Strecke bleiben. Zudem werden Anzeichen dafür gesehen, dass die Sustainable Development Goals (SDGs) im Vergleich zum Klimaabkommen mit deutlich weniger Entschlusskraft und Anspruch umgesetzt werden könnten.

Auf diese Tendenz weist auch die im Juni 2017 veröffentlichte Publikation Financing Sustainability ­– Triggering Investment for the Clean Economy des Think Tanks European Political Strategy Center der Europäischen Kommission hin. Im Herbst 2017 ist außerdem ein Bericht zum Thema Analyse von Green Finance – Definitionen und deren Auswirkungen auf Investitionen zu erwarten, der von der Europäischen Kommission in Auftrag gegeben wurde und dessen Ergebnisse in die Arbeit der HLEG einfließen sollen. Die EU scheint damit auf die Linie einzuschwenken, die sich in der letzten Zeit in politischen Gremien wie der G20 oder der OECD unter dem Stichwort Green Finance als diskursbestimmend herauskristallisiert hat.

Umso wichtiger ist es, sich für ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis stark zu machen, das neben dem Klimawandel soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt, diesen im Zweifel Priorität vor finanziellen Erwägungen einräumt und die SDGs ebenso ernsthaft umzusetzen sucht wie das Pariser Klimaabkommen. Es bleibt somit, auf einen in diesem Sinne ambitionierteren Abschlussbericht der HLEG zu hoffen und darauf, dass die Europäische Kommission – wie in der Mid-Term-Review zur Capital Markets Union angekündigt – die Empfehlungen dann ab 2018 entschlossen umsetzt.

Diese Stellungnahme zum Download.

CRIC:

Europäische Kommission:

HLEG:

NGOs:

„Große Transformation und die Medien“

Alternativen zum Wachstum als Leitbild der Kommunikation – eine Tagung der Evangelischen Akademie zu Berlin

Die Menschen verändern den Planeten in einem nicht gekannten Ausmaß, so dass von einem neuen Erdzeitalter – dem Anthropozän – gesprochen wird. Zugleich erreichen uns paradoxe Bilder: Einerseits vertreten viele Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik die Vision eines linearen Fortschritts. Andererseits erreichen uns Bilder rauchender Regionen, öder Ökosysteme und uns unbekannter, aber bereits weggestorbener Arten. Bilder und Hinweise auf Problemlösungen, auf Handlungspotenziale in Richtung einer „Großen Transformation“, um der Verantwortung im Anthropozän gerecht zu werden, sind angesichts dessen selten. Eine Tagung*) in der Evangelischen Akademie zu Berlin untersuchte am 10. und 11.07.2017 Bedingungen und Ursachen entlang der Frage: „Wie kommuniziert man die Wende, das Neue Anthropozän?“

Die Tagung thematisierte die Rolle der Medien im anstehenden Transformationsprozess, ihr Versagen bei der Darstellung komplexer Sachverhalte und fragte, wie alternative gesellschaftliche Leitideen initiiert werden, die von einem anderen Fortschritt erzählen.

Evangelische Bildungsstätte Berlin-Schwanenwerder – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

*) in der Tagungsstätte Schwanenwerder der Evangelischen Akademie zu Berlin, konzipiert vom Forschungszentrum für Umweltpolitik der FU Berlin (FFU), dem Wissenschaftsjournalisten Manfred Ronzheimer und unterstützt von BUND, BMUB und UBA.

Michael Hartmann, Direktor EAB – Foto © Gerhard Hofmann

Akademie-Direktor Michael Hartmann ging in seiner Eröffnung auf den Titel der Tagung Die „Frage der Alternativen zum Wachstum als Leitbild der Kommunikation“ ein – man könne auch „Narrativ“ sagen oder „Mythos der Wachstumsgesellschaft“. Der sei allerdings inzwischen „zu einer dreckigen Shortstory verkommen“. Einige Chaoten beim Hamburger Gipfel hätten auf die Frage, was sie denn wollten, „China vor 76“ gesagt – und Zustände vor der Kulturrevolution gemeint. Unter anderem um solche Verirrungen zu verhindern, müssten wir aktiv werden. weiterlesen

Szenarien-Werkstatt Nachhaltiger Konsum 2030 – Ergebnisbericht 1. Projektmodul

 Dialog über die Zukunft: Eine Initiative des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), realisiert durch das Institut für prospektive Analysen (IPA)

Ergebnisbericht zum 1. Projektmodul (Kurzfassung)

BMJV - LogoWie lässt sich das Ziel einer nachhaltigen Lebensweise in Deutschland verwirklichen – individuell und als Gesellschaft? Wie kann eine an Nachhaltiger Entwicklung ausgerichtete Verbraucherpolitik den Wandel sinnvoll unterstützen? Und was sind mögliche Rahmenerzählungen dieser tiefgreifenden Transformation, die dem Handeln im Alltag einen größeren Zusammenhang und eine Richtung geben? Im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) führt das Institut für prospektive Analysen (IPA) die Szenarien-Werkstatt „Nachhaltiger Konsum 2030“ durch. Anliegen ist es, mehrere Szenarien bzw. Narrative zu entwickeln, die unterschiedliche, aber in sich gleichermaßen plausible Entwicklungspfade von Konsummustern und Lebensstilen in Deutschland bis zum Jahr 2030 aufzeigen und illustrieren. Das Ziel ist nicht, die Zukunft vorauszusagen, sondern grundlegende Anknüpfungspunkte und Handlungsmöglichkeiten in einem größeren Gesamtbild – einer „Landkarte für die Zukunft“ – zusammenzuführen. Zur Orientierung, zum Abwägen und für den Austausch mit anderen.

Im Rahmen eines ersten Projektmoduls wurden Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, Sichtweisen und Handlungsmöglichkeiten befragt, wie sie auf die Herausforderung „Nachhaltiger Konsum“ blicken und welche „Erzählungen“ und Zukunftserwartungen sie damit verbinden. Allen Befragten gemeinsam: sie engagieren sich auf die eine oder andere Weise für die Stärkung nachhaltiger Lebensstile. Die Antworten machen deutlich, wie vielschichtig die Herausforderung „Nachhaltiger Konsum“ ist und welche Hemmnisse einem nachhaltige(re)n Lebensstil entgegenstehen. Ebenso finden sich in ihnen zahlreiche Lösungsansätze und Voraussetzungen für einen Wandel. In der Zusammenschau wird deutlich, dass Nachhaltiger Konsum nicht nur mehr individuelle Achtsamkeit und Verantwortungsübernahme der Konsumenten erfordert, sondern die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen durch die Politik voraussetzt. Auch nachhaltige Technologien und eine deutliche Steigerung der Ressourcenproduktivität werden von einigen als wichtiges Element für die „Machbarkeit“ einer nachhaltigen Lebensweise Nachhaltiger Konsum 2030 – Ergebnisbericht zum 1. Projektmodul (Kurzfassung) 2 gesehen. In den einzelnen Erzählungen über die Zukunft wird deutlich, dass sehr unterschiedliche „Mischungsverhältnisse“ zwischen Wahlmöglichkeiten und Verantwortung der Verbraucher*innen, staatlicher Regulierung und des Beitrags technologischer Lösungen für die Zukunft denkbar sind bzw. angestrebt werden.

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Joint Statement by Scientists Calling for an Ecological Sustainable and Participative Economy

– issued in advance of the G-20-Summit on 7/8 July 2017 in Hamburg, Germany –

„It would be a bad thing for science if later generations were not permitted to add new insights on the knowledge of their predecessors.“
(Georgius Agricola, De Re Metallica, 1548)

 „How fleeting are the wishes and efforts of man! how short his time! and consequently how poor his products be, compared with those accumulated by nature during whole geological periods. Can we wonder, then, that nature’s productions should be far ‚truer‘ in character than man’s productions; that they should be infinitely better adapted to the most complex conditions of life?“
(Charles Darwin, The Origin of Species By Means of Natural Selection, 1859)

Today, climate change, extinction of species and environmental destruction are the gravest existential challenges threatening the lives of all human beings irrespectively of their different cultural and political conditions.

In view of this, we call on the business, scientific and political communities to switch to an ecologically sustainable and participative economy in order to reduce the threat to nature and mankind and to develop a new modern style of economics.

(Deutsche Version) weiterlesen

Aufruf zum ökologisch-nachhaltigen und partizipativen Wirtschaften

– anlässlich des G-20-Gipfels am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg –

„Es stünde schlecht um die Wissenschaft, wenn es Späteren  nicht gestattet sein sollte, zu dem, was Frühere gefunden haben, noch Neues hinzuzufügen.“
(Georgius Agricola, De Re Metallica, 1548)

„How fleeting are the wishes and efforts of man! How short  his time! And consequently how poor his products be, compared  with those accumulated by nature during whole geological periods. Can we wonder, then, that nature’s productions should  be far ‚truer‘ in character than man’s productions; that they should be infinitely better adapted to the most complex conditions of life?“
(Charles Darwin, The Origin of Species By Means of Natural Selection, 1859)

Klimawandel, Artensterben und Umweltzerstörung sind Herausforderungen, die das Leben aller Menschen trotz unterschiedlicher kultureller und politischer Bedingungen bedrohen.  Wir rufen daher Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf, umzusteuern. Die Wende hin zum ökologisch-nachhaltigen und partizipativen Wirtschaften ist unumgänglich.  

(English Version)

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Achim Steiner fordert im RNE „Green Finance Hub für Deutschland“

„Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen“

Marlehn Thieme, Achim Steiner – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für EÖR

Man habe zwar endlich die seit Jahrzehnten geforderten 0,7 % Anteil am BIP für die Entwicklungshilfe erreicht (wenn auch verursacht durch die Unterstützung der vielen Geflüchteten), aber Deutschland müsse „endlich vom Projekt zur Struktur kommen, vom Versprechen zum Beweis, dass man es auch kann,“ forderte die Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), Marlehn Thieme anlässlich der 17. Jahrestagung des Rates für Nachhaltige Entwicklung in Berlin. Gleichzeitig stellte der designierte UNDP- und Ex-UNEP-Chef Achim Steiner das Projekt eines “Hub for Sustainable Financing” in Deutschland vor. weiterlesen

„Riesiges Modernisierungsprogramm für unsere Volkswirtschaften“

Hendricks wirbt bei B20-Gipfel für nachhaltiges Wirtschaften

Barbara Hendricks – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Am 03.05.2017 hielt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks vor dem B20-Gipfel in Berlin eine Rede. Vor 700 Unternehmensvertretern aus rund 30 Ländern warb sie für klima- und umweltverträgliche Wirtschaftsweisen. Klima- und Umweltschutz seien ein „riesiges Modernisierungsprogramm für unsere Volkswirtschaften – mit positiven Effekten für die Wettbewerbsfähigkeit, den Arbeitsmarkt, den sozialen Zusammenhalt und die politische Stabilität. Das B20-(„B“ = „Business“)-Treffen ist der Wirtschaftsdialog der G20, also der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, und damit Teil der deutschen G20-Präsidentschaft.

Wer heute noch bereit sei, die wirtschaftliche Entwicklung durch Streichung von Umweltauflagen zu fördern, sagte sie mit klarem Seitenblick auf US-Präsident Trump, der hane die Zeichen der Zeit nicht verstanden und setze den Wohlstand kommender Generationen aufs Spiel. „Diejenigen, die auf veralteten Strukturen beharren, verpassen die Zukunft. Das gilt für Staaten. Das gilt aber auch für jedes einzelne Unternehmen.“

Die B20 fordern unter anderem eine Eindämmung des Klimawandels und die konsequente Umsetzung des Pariser Weltklimaabkommens. Hierfür sollen die G20-Staaten ihre Langfriststrategien zur Erreichung ihrer nationalen Minderungsbeiträge vorlegen. Auch ein strategischer Dialog über globale Mechanismen für CO2-Preise und die Abschaffung ineffizienter Subventionen fossiler Brennstoffe gehört zu den Vorschlägen der B20. Die B20 fordern zudem das Vorantreiben der Energiewende durch eine gemeinsame Innovationsagenda. In ihren Empfehlungen unterstützen die B20 außerdem die Initiative der Bundesumweltministerin für eine G20-Partnerschaft zur Ressourceneffizienz.

Folgt: Rede im Wortlaut. weiterlesen

Ökologische Modernisierung quer durch alle Branchen

 Die grüne Art des Wirtschaftens

Mit 450 Gästen war der Kongress „Grüner Wirtschaften“ der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sehr gut besucht.  In diversen Werkstätten und Debatten wurde das Konzept Grüner Wirtschaften für mehr Lebensqualität diskutiert und auf einem Markt der Möglichkeiten anschaulich und greifbar fgemacht.  Die grüne Bundestagsfraktion will „den Weg in die neue Wirtschaftsweise für alle verlässlich gestalten“. Dafür brauche es mutige Politik und engagierte Bürger, Ingenieure und Unternehmerinnen, welche die ökologische Modernisierung quer durch alle Branchen ins Ziel bringen. „Wir müssen, das machten sowohl unser Fraktionsvorsitzender Dr. Anton Hofreiter, wie auch die Keynote von Professor Rahmstorf sehr deutlich, das Tempo erhöhen, die Klimakrise wartet nicht“.